Der DB-Vorstandsvorsitzende Dr. Richard Lutz hat sich angesichts stark steigender Nachfrage im Personen- und Güterverkehr und eines gleichzeitig hochbelasteten und störanfälligen Schienennetzes für einen Paradigmenwechsel in der Infrastruktur ausgesprochen. In einer telefonischen Pressekonferenz am Montag in Berlin bezeichnete er die Sanierung des Schienennetzes als zentrale Aufgabe in den kommenden Jahren.
Lutz erwähnte Interview-Äußerungen von Bundesverkehrsminister Dr. Volker Wissing vom Wochenende, der auf das gemeinsame Ziel eines Hochleistungsnetzes hingewiesen hatte. Hinsichtlich der konzeptionellen Überlegungen stehe man in engem Austausch mit dem BMDV, so Lutz. Die Detaillierung des Konzepts und die konkreten Umsetzungsschritte in den nächsten Jahren wolle man in engem Schulterschluss zwischen Bund, Bahn und der gesamten Branche angehen. Ziel sei eine gemeinwohlorientierte Infrastruktur aus einem Guss. Lutz: „Für mich bedeutet eine gemeinwohlorientierte Infrastruktur vor allem eine Ausrichtung auf die verkehrs- und klimapolitischen Ziele der Bundesregierung. Diese Ziele hat sich die DB im Rahmen ihrer Strategie Starke Schiene und die gesamte Branche im Rahmen des Masterplans Schienenverkehr zu eigen gemacht. Der Schlüssel für eine erfolgreiche Umsetzung dieser Ziele liegt in der Infrastruktur.“ Idealerweise sollen erste Eckpunkte des Konzepts noch vor der Sommerpause gemeinsam vorgestellt werden.
Lutz verwies auf die aktuelle Entwicklung auf den Verkehrsmärkten, wonach Fahrgäste und Güterverkehrskunden erfreulicherweise schneller zur Schiene zurückkehren als erwartet. „Die aktuelle Nachfrage bestätigt unsere Grundüberzeugung, dass die Wachstums- und Verkehrsverlagerungsziele der Bundesregierung realistisch sind.“ Noch nie waren auf dem deutschen Netz so viele Züge unterwegs wie in diesen Tagen. Das Streckennetz, auf dem diese steigende Nachfrage abgewickelt werde, sei aber nicht mitgewachsen. Gleichzeitig habe sich die Substanz weiter verschlechtert, weil viele Anlagen überaltert und deshalb störanfällig seien. Bund und Bahn hätten zwar seit einigen Jahren umgesteuert. Zur Wahrheit gehöre aber auch, dass dieses Modernisierungsprogramm eine nie dagewesene Anzahl an Baustellen mit sich bringe, die zusätzliche Kapazität kosten und massive betriebliche und verkehrliche Auswirkungen nach sich ziehen.
Lutz weiter: „Die aktuelle Betriebslage zeigt ebenso deutlich wie schmerzhaft, dass wir ein kurzfristig kaum auflösbares Dilemma haben: Gleichzeitig Wachsen und Modernisieren ist an zu vielen Tagen und auf zu vielen Korridoren nicht mehr mit guter Betriebsqualität und Pünktlichkeit möglich. Die massiven Auswirkungen spüren alle Eisenbahnverkehrsunternehmen und damit auch alle Fahrgäste, Aufgabenträger und Güterverkehrskunden. Dessen sind wir uns bewusst.“ Die Bahn versuche alles, die negativen Auswirkungen für die Verkehrsunternehmen und die Kundinnen und Kunden im Personen- und Güterverkehr zu minimieren. Lutz dankte insbesondere allen Eisenbahnerinnen und Eisenbahnern im operativen Bereich für ihren unermüdlichen Einsatz. Im Interesse aller brauche es jetzt ein grundsätzliches Umsteuern und ein Arbeiten an nachhaltigen Lösungen, die das Problem im Kern angingen. Ein „Weiter so“ sei definitiv keine Alternative.
Quelle: Deutsche Bahn