Schließt ein öffentlicher Auftraggeber mit einem Unternehmen einen Vertrag und missachten die Parteien dabei bewusst die Vergabevorschriften, nach denen der Auftrag zwingend im Wettbewerb auszuschreiben wäre, ist der Vertrag nach § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig (OLG Saarbrücken, 17.08.2016, 1 U 159/14).
Kenntnis des Vertreters wird zugerechnet
Sowohl der öffentliche Auftraggeber als auch der Auftragnehmer müssen sich grundsätzlich zurechnen lassen, wenn ihre Vertreter den Verstoß gegen Vergabevorschriften kennen.
Sittenwidriger Vertrag unabhängig von Vergabevorschriften von Anfang an unwirksam
Der Nichtigkeit des Vertrages steht nicht entgegen, dass nach den Vergabevorschriften (§ 101 b Abs. 2 GWB a. F.; § 135 GWB n. F.) ein Vertrag nur dann von Anfang an unwirksam ist, wenn dies innerhalb einer bestimmten Frist, längstens sechs Monate nach Vertragsschluss, in einem Nachprüfungsverfahren geltend gemacht wird. Denn die Sittenwidrigkeit eines auf einer unzulässigen De-Facto-Vergabe beruhenden Vertrages setzt weitere besondere Umstände (hier: bewusstes und gewolltes Zusammenwirken der Parteien) voraus, die von den Vergabevorschriften nicht erfasst sind.
Neues Vergaberecht: gleiche Rechtsfolge
Da sich die Stittenwidrigkeit und Nichtigkeit aus dem Zivilrecht ergibt, gilt sie auch für Verträge nach neuem Vergaberecht.
Den Volltext zum Urteil finden Sie hier.”
Autoren: Dr. Ute Jasper, Leiterin der Praxisgruppe „Öffentlicher Sektor und Vergabe“ und Susanne C. Monsig, Sozietät Heuking Kühn Lüer” Wojtek