VDV-Präsident: „Ein 365-Euro-Ticket kann richtig teuer werden!“

Ingo Wortmann, Präsident des Branchenverbands VDV und Vorsitzender der Geschäftsführung der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG), hat heute im Rahmen der VDV-Jahrestagung klargestellt, dass ein ÖPNV zum Nulltarif oder für einen Euro am Tag hohe und dauerhafte Finanzierungszusagen für die Kommunen und Länder bedeutet. Zudem sei der Fahrpreis nicht das entscheidende Kriterium für den Umstieg auf Bus und Bahn: "Ein gutes ÖPNV-Angebot muss entsprechend finanziert werden. Moderne Fahrzeuge und Infrastrukturen, ausreichende Kapazitäten und gutes Personal kann man von einem 365-Euro-Jahresticket nicht bezahlen. Das funktioniert nirgendwo auf der Welt ohne entsprechende Gegenfinanzierung. Die Stadt Wien zum Beispiel, auf deren "Wiener Modell" in diesem Zusammenhang immer gerne verwiesen wird, gibt jährlich rund 400 Millionen Euro für den dortigen Nahverkehr aus. Die Kommunen und Länder, die momentan intensiv über eine solche Preisgestaltung nachdenken, sind also gut beraten, intensiv zu prüfen, ob und wie sie so ein Modell dauerhaft finanzieren können. Ein 365-Euro-Ticket kann bei stetig wachsendem ÖPNV-Angebot für die Städte und Länder richtig teuer werden", so Wortmann.
Anlass für Wortmanns Aussagen sind die im Rahmen der Konzepte zur Emissionsminderung im städtischen Verkehr vermehrt auftretenden Forderungen von 365-Euro-Ticketmodellen nach Wiener Vorbild. Aus Sicht des Verbandes werden diese Konzepte jedoch bislang nicht ganzheitlich betrachtet und geplant. "Man macht den dritten Schritt vor dem ersten, wenn man zunächst die Ticketpreise drastisch reduziert bevor man die nötigen Voraussetzungen für einen attraktiven Nahverkehr vor Ort geschaffen hat. Erst muss die Infrastruktur ausgebaut und modernisiert werden, dann müssen über zusätzliche Fahrzeuge und qualifizierte Personale die Angebotskapazitäten erhöht werden, also dichtere Takte usw. Und zuletzt, wenn diese Maßnahmen erfolgreich umgesetzt wurden und das zur Verfügung stehende Bus- und Bahnangebot modern und attraktiv für möglichst alle Bürgerinnen und Bürger ist, kann man als weitere Maßnahme auch über die Reduzierung der Ticketpreise nachdenken. So hat Wien es gemacht und dieser Prozess hat dort etwa 20 Jahre gedauert. In Deutschland will man jetzt das Pferd von hinten aufzäumen, das halten wir für einen großen Fehler. Zumal der Fahrpreis gar nicht das entscheidende Argument für einen Umstieg ist", erklärt Wortmann.
Quelle: Verband DeutscherVerkehrsunternehmen e. V.

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