Interview mit Till Oberwörder, Leiter Daimler Buses
Nahverkehrs-praxis: Herr Oberwörder, die Aufspaltung der Daimler AG in „Mercedes-Benz Group AG“ und „Daimler Truck Holding AG“ als eigenständige Aktiengesellschaften ist Ende letzten Jahres erfolgt. Was bedeutet dies konkret für die beiden neuen Gesellschaften?
Oberwörder: Seit dem 1. Dezember letzten Jahres sind wir ein eigenständiger Konzern, die Daimler Truck Holding AG, einer der größten Hersteller von Lkw und Bussen und Anbieter von Finanzdienstleistungen. Als eigenständiges Unternehmen haben wir unsere Zukunft selbst in der Hand und können diese optimal gestalten. Um mit einem Bild aus unserer Branche zu sprechen: Bislang mussten wir uns an der Route unserer Pkw-Kollegen orientieren. Künftig können wir unsere eigene Route planen und den für uns idealen Weg wählen.
Nahverkehrs-praxis: Es heißt dazu, dieser Schritt solle beide Gesellschaften weiter stärken und ihre Innovationen vorantreiben. Wodurch soll dies erfolgen, und welche Schwächen sollen zukünftig Stärken werden?
Oberwörder: Wir wollen weiter technologisch und auch wirtschaftlich führend sein – und unsere volle unternehmerische Freiheit wird uns helfen, dies zu erreichen. Ein Beispiel, Stichwort Brennstoffzelle: Bei der Elektrifizierung unseres Lkw- und Bus-Portfolios verfolgen wir eine klare Doppelstrategie: Bei CO2-neutralen Antrieben setzt Daimler Truck auf Batterie und Wasserstoff.
Nahverkehrs-praxis: Der ÖPNV-Branche stellt sich dabei die Frage, was bedeutet das für die Bussparte?
Oberwörder: Wir wollen auch in Zukunft der bestmögliche, vertrauenswürdige Partner für unsere Kunden sein und Mehrwert für sie schaffen. Unsere Bus-Kunden bewegen die Welt, ohne sie könnten Menschen sich nur eingeschränkt fortbewegen. Und wir leisten einen wichtigen Beitrag dazu, dass unsere Kunden erfolgreich und profitabel arbeiten können, indem wir ihnen die richtigen Produkte an die Hand geben. Dank unserer unternehmerischen Unabhängigkeit können wir uns künftig noch besser auf unsere Kunden konzentrieren. Dazu müssen wir hochprofitabel sein und den Wandel in unserer Branche aktiv gestalten. Damit uns das gelingt, fokussieren wir uns bei Daimler Buses auf vier strategische Handlungsfelder: Wir wollen global führend sein, die CO2-neutrale Mobilität weltweit vorantreiben, die Digitalisierung weiter ausbauen und das Service-Geschäft ausweiten.
Nahverkehrs-praxis: In der bisherigen Daimler AG hatte der Bus lediglich einen Umsatzanteil von kleiner 3 Prozent, während dieser Anteil bei Daimler Truck jetzt erheblich größer geworden ist. Heißt dies auch, dass die Bussparte jetzt einen größeren Stellenwert hat?
Oberwörder: Das Bus-Geschäft war schon immer und ist auch weiterhin ein fester Bestandteil des Gesamtkonzerns. Wir haben in der Vergangenheit bereits bewiesen, dass wir mit einem klaren strategischen Fokus und effizientem Wirtschaften erfolgreich am Markt sind und einen wichtigen Teil zum Unternehmenserfolg beitragen. Aber es stimmt: Mit dem Spin-off sind wir bei Daimler Buses nun noch sichtbarer und der Beitrag von Daimler Buses ist mit der Unabhängigkeit von Daimler Truck nochmal deutlich gewichtiger – wir sprechen hier von rund zehn Prozent am Gesamtumsatz.
Nahverkehrs-praxis: Skaleneffekte spielen bei der Entwicklung und Produktion stets eine große Rolle, zumindest was am Ende den Preis angeht. Hier stellt sich die Frage, wie stark der Bus vom Truck und umgekehrt partizipiert?
Oberwörder: Wir arbeiten selbstverständlich in enger Kooperation mit unseren Kollegen von den Trucks und tauschen uns fortlaufend aus – das ist sowohl bei Assistenzsysteme als auch bei Antrieben zu sehen. Jedoch achten wir stets auf die omnibusspezifischen Herausforderungen. Das bedeutet: gemeinsam wo möglich, unterschiedlich wo nötig. Das ist zum Beispiel beim eCitaro zu erkennen, der zu 100 Prozent auf die Wünsche und Erfordernisse des Stadtbusverkehrs ausgelegt ist.
Nahverkehrs-praxis: Der Antrieb von schwereren Nutzfahrzeugen und Reisebussen, die oft lange Strecken zurücklegen, wird vermutlich über kurz oder lang ebenfalls elektrisch. Hat die Brennstoffzelle hier absehbar ihre große Chance?
Oberwörder: Bei Reisebussen und schweren Lkw im Fernverkehr gibt es klar erkennbare Gemeinsamkeiten – das Oberthema heißt maximale Reichweite bei größter Flexibilität. Das ist nach unserer Auffassung nur in Kombination mit dem wasserstoffbasierten Brennstoffzellenantrieb zu erreichen. Jedoch unterscheidet sich das Package eines Reisehochdeckers erheblich von dem einer Sattelzugmaschine. Hier liegt also eine gemeinsame Technologie in unterschiedlicher Ausprägung nahe.
Nahverkehrs-praxis: Welchen Entwicklungsstand hat Daimler Truck hier aktuell erreicht? Wann kommt die Brennstoffzelle serienreif in die Nutzfahrzeuge, in die Reisebusse und schließlich auch in die Stadtbusse? Und welche Bedeutung hat dabei der Range Extender?
Oberwörder: Wir haben uns beim Stadtbus klar für die Brennstoffzelle als Range Extender positioniert. Mit rein batterieelektrischem Antrieb wird der eCitaro mit der neuesten Batteriegeneration bereits alle wesentlichen Forderungen nach Reichweite im täglichen Betrieb abdecken. Der eCitaro Range Extender erfüllt Wünsche die darüber hinausgehen. Anders wird das beim Reisebus aussehen, der aus Gründen von Gewicht und Platz keine üppige Ausstattung mit Batterien für den Einsatz auf Langstrecken zulässt.
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