Die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel geht weiter zurück, während das Fahrrad als Verkehrsmittel an Bedeutung gewinnt – diese Entwicklung ist für die Zeit „nach der Corona-Krise“ zu erwarten. Dieses Ergebnis ist Teil der Studie „Mobilität während und nach der Corona-Krise – Erneute Analysen für Deutschland“ des Research Lab for Urban Transport (ReLUT) der Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS). Mit ihrer aktuellen Forschung knüpfen die Wissenschaftler/-innen an die Vorgänger-Studie zum veränderten Mobilitätsverhalten im Zuge der Corona-Krise an, die im September 2020 veröffentlicht wurde. Für das Update in diesem Jahr führte das Team deutschlandweit im Juli 2021 weitere repräsentative Befragungen mit etwa 1500 Personen durch, von denen viele bereits Teil der ersten Befragung waren.
Die aktuelle Studie bestätigte manche Ergebnisse aus dem vergangenen Jahr, beispielsweise den Effekt der Corona-Krise auf den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV): Im Vergleich mit dem Sommer 2020 wurde er nun an noch weniger Tagen pro Woche genutzt. „Ein Aspekt dürfte dabei sein, dass nach den Lockdowns und der Homeoffice-Erfahrung viele Zeitkarten erstmal nicht wiedergekauft wurden und so der ÖPNV für gelegentliche Fahrten vergleichsweise unattraktiv erscheint“, sagt Prof. Dr. Marco Sunder, Mitautor der Studie und Transportökonomik-Professor am Fachbereich Wirtschaft und Recht der Frankfurt UAS. Fuhren die Teilnehmer/-innen in Großstädten vor der Corona-Krise an durchschnittlich 2,08 Tagen pro Woche mit dem ÖPNV, so reduzierte sich die Nutzung in der erneuten Befragung um knapp ein Drittel auf nur noch 1,42 Tage pro Woche. Noch deutlicher fiel der Effekt bei den Befragten auf dem Land aus, die den ÖPNV aber grundsätzlich seltener nutzen. Dort betrug der Rückgang sogar fast 60 Prozent.
Mit den erhobenen Angaben zur Corona-Impfung ließ sich zudem feststellen, dass die Menschen, die in der Vergangenheit („vor Corona“) häufig den ÖPNV genutzt haben, nun auch eher bereit waren, sich impfen zu lassen. Allerdings gab es keinen klaren Hinweis darauf, dass vollständig Geimpfte wieder zum „alten“ Mobilitätsverhalten aus der Zeit „vor Corona“ zurückkehrten. Tatsächlich wollen nur 12 Prozent der Erwachsenen die öffentlichen Verkehrsmittel in einer Zeit „nach Corona“ häufiger nutzen als „davor“; dem gegenüber stehen 23 Prozent, die planen, dauerhaft seltener auf den ÖPNV als Verkehrsmittel zu setzen. Relativer Gewinner ist wie in der ersten Studie aus dem vergangenen Jahr das Fahrrad, das auch für die post-Corona-Zeit sehr gute Aussichten hat. Nur fünf Prozent der Befragten planen „nach Corona“ seltener mit dem Fahrrad zu fahren als „davor“, 31 Prozent dagegen möchten auch nach der Pandemie häufiger mit diesem Verkehrsmittel unterwegs sein.
Ein weiterer bemerkenswerter Befund ist, dass viele Befragte auch für den Fall sehr niedriger Inzidenzen im kommenden Jahr wünschen, dass Hygiene-Vorschriften weiterhin im ÖPNV Bestand haben. 68 Prozent der Teilnehmer/-innen plädierten dafür, dass im ÖPNV zumindest einige Vorschriften weiter gelten, während 17 Prozent die Abschaffung aller Hygieneregeln bevorzugte. Ein ähnliches Meinungsbild erreichte die Studie bei der Frage nach Hygieneregeln bei großen Veranstaltungen. Auch berufliche Onlinemeetings und Arbeiten im Homeoffice werden nach der Krise in höherem Umfang als davor angestrebt, während im privaten Bereich eher direkte Kontakte bevorzugt werden.
„Einige der in den Studien beschriebenen Entwicklungen wären wohl auch ohne die Pandemie aufgetreten, wenn auch deutlich langsamer“, sagt Sunder: „Gerade für den ÖPNV müssen nun weitere Konzepte entwickelt werden, um Fahrgäste zurückzugewinnen. Eine mit regelmäßigem Homeoffice verträgliche Tarifgestaltung gehört sicherlich dazu.“
Quelle: Frankfurt University of Applied Sciences