Die „Generalsanierungen“ des bundeseigenen Schienennetzes – 41 gesetzlich(!) definierte Strecken sollen während mindestens fünfmonatiger Vollsperrungen wieder auf eine mindestens „gute“ Zustandsnote gebracht werden – stressen Bahnsystem und Fahrgäste: Reisende brauchen gute Alternativen, damit sie nicht dauerhaft abwandern. Wirtschaftliche Folgen für Betreiber und Besteller müssen abgefedert werden.
Grundsätzlich sind die Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) für die Planung, Ausschreibung und Steuerung der Schienenersatzverkehre (SEV) zuständig. Diese sind schon in den vergangenen Jahren angesichts der Personalknappheit immer herausfordernder geworden – oft finden sich schlicht kaum noch Busunternehmen. Längere Bauzeiten von (mindestens) fünf Monaten sowie Streckensperrungen von 80 Kilometern oder mehr erschweren den Betrieb erheblich. Zudem werden Fern- und Güterverkehre auf alternative Routen umgeleitet, was dazu führt, dass auch dort viele SPNV-Leistungen ausfallen werden. Daher braucht es einen besonders hochwertigen, umfangreichen und hochfrequenten Schienenersatzverkehr – Ausstattung mit WLAN, Toiletten, Autobahntauglichkeit etc. –, um den Fahrgästen weiterhin attraktive Verbindungen anzubieten.
Das Bundesschienenwegeausbaugesetz (BSWAG) wurde im vergangenen Sommer angepasst, um eine neue Kostenverteilung für SEV während der „Generalsanierungen“ zu regeln. Derzeit ist vorgesehen, dass die betroffenen Bundesländer 50 % der SEV-Kosten tragen, während der Bund 40 % und die Infrastruktursparte der DB (InfraGo) 10 % übernimmt. Details der Abrechnung und vertraglichen Regelungen sind noch unklar, was für die EVU erhebliche finanzielle Risiken bedeutet.
Eine weitere Unbekannte für die EVU ergibt sich aus der zentralen Vergabe der SEV-Leistungen durch die DB InfraGo. Diese will zwar durch die Bestellung großer Kapazitäten einerseits eine Kostenersparnis erzielen. Aber es steht zu befürchten, dass die Kosten andererseits aufgrund der genannten besonderen Anforderungen deutlich steigen und die dafür vorgesehenen Mittel nicht ausreichen werden. Zudem stellt sich die Frage der Haftung: Die EVU wären weiterhin vertraglich gegenüber den jeweiligen Aufgabenträgern, in Bayern der BEG, für die Qualität des SEV verantwortlich, haben jedoch keinen direkten Einfluss auf die von DB InfraGo beauftragten Busunternehmen.
Neben den direkten SEV-Kosten entstehen den EVU erhebliche wirtschaftliche Folgeschäden durch Vollsperrungen und reduzierte Umleitungskapazitäten. Besonders der Bund spielt hier keine rühmliche Rolle: Über Jahrzehnte hat er die bundeseigene Schieneninfrastruktur unzureichend finanziert – und damit seinen eigenen Haushalt saniert. Die Folgekosten sollen jetzt bei Eisenbahnverkehrsunternehmen, den Bundesländern und Aufgabenträgern abgeladen werden.
Die EVU fordern eine transparente und wirtschaftlich tragfähige Lösung für den Schienenersatzverkehr und die anderen Folgekosten der „Generalsanierungen“. Eine enge Einbindung der EVU in die Planungen sowie eine faire Kostenverteilung sind essenziell, um einen zukunftsfähigen SPNV zu gewährleisten. Ziel muss es sein, den Umstieg auf alternative Verkehrsmittel zu vermeiden und die Attraktivität des Schienenverkehrs langfristig zu sichern.
Quelle: mofair