Eines der derzeit größten regionalen bundesdeutschen Schienenverkehrsprojekte geht in die Schlussphase: Für das Vorhaben „Breisgau-S-Bahn 2020” wird die Höllentalbahn durch den Hochschwarzwald saniert. Sie ist zentrales Teilstück der künftigen Nahverkehrsachse von Breisach am Kaiserstuhl über Freiburg, Titisee, Neustadt bis Donaueschingen und Villingen.
In weitem Radius rund um Freiburg soll in mehreren Ausbaustufen ein modernes Schienennahverkehrsnetz entstehen, das mit Stadtbahnen und Buslinien zu einem Gesamtangebot verknüpft wird. Ein 380-Millionen-Vorhaben, das weitgehend vom Bund im Rahmen des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes vom Land Baden-Württemberg und dem Zweckverband Regio-Nahverkehr Freiburg (ZRF) finanziert wird.
Mit Flügelzug-Konzepten zu umsteigefreien Verbindungen
Schwerpunkt im Westen des Netzes ist die derzeit laufende Elektrifizierung der eingleisigen Strecken rund um das Gebirgsmassiv des Kaiserstuhls zwischen Breisach, Sasbach und Riegel. Die Streckenhöchstgeschwindigkeit soll von derzeit 80 Stundenkilometer auf Tempo 120 angehoben werden, zusätzliche Kreuzungsbahnhöfe erhöhen die Kapazität weiter. Mit Abschluss der Elektrifizierung sind die Voraussetzungen für einen durchgehenden, vertakteten Verkehr mit elektrischen Triebzügen auf der gesamten West-Ost-Achse geschaffen. Bislang müssen Fahrgäste in Freiburg umsteigen, weil das etwa 120 Kilometer lange Kaiserstuhlnetz bisher ein Dieselnetz ist. Für den künftigen Betrieb hat DB Regio bei Alstom 24 drei- und vierteilige elektrische Triebzüge vom Typ Coradia Continental bestellt, von denen nach Unternehmensangaben bereits mehr als 220 Einheiten in deutschen Nahverkehrsnetzen unterwegs sind. Sie sollen ab Fahrplanwechsel 2019 eingesetzt werden. Zusätzliche umsteigefreie Verbindungen werden künftig mit Flügelzug-Konzepten hergestellt. So werden die in Doppeltraktion fahrenden Züge auf dem Weg von Freiburg in den Schwarzwald in Titisee geteilt: Ein Zugteil fährt weiter Richtung Neustadt – Donaueschingen, der andere über die Dreiseenbahn über Feldberg-Bärental bis Schluchsee. „Geflügelt” wird auch am Rand des Kaiserstuhls in Gottenheim: Ein Zugteil, so der Plan, verkehrt bis Breisach, der andere über Riegel nach Endingen.
Die Bauarbeiten auf der Höllentalbahn beginnen im 37 Kilometer langen Abschnitt West von Freiburg bis Titisee. Auch auf der Dreiseenbahn ist der Betrieb eingestellt. In den nächsten Monaten folgen die verbleibenden Streckenteile weiter östlich des Hochschwarzwaldes. Die Sperrungen dort ziehen sich bis ins Jahr 2019 hin. Wesentliche Arbeiten sind die Modernisierung und Erneuerung der Infrastruktur von den Gleisanlagen über Leit- und Sicherungstechnik bis zur Oberleitung, von den Bahnhofsgebäuden bis zu Bahnübergängen. Zudem muss die Höllentalbahn Ost von Neustadt bis Donaueschingen elektrifiziert werden. Für Anwohner und nicht zuletzt für die vielen Schwarzwaldurlauber, die mit der „Konus”-Gästekarte das komplette Nahverkehrsangebot kostenlos nutzen können, bedeutet das in diesem und im nächsten Jahr erhebliche Mobilitätseinschränkungen. Der Schienenersatzverkehr versucht zwar, mit lokalen Linien und überörtlichen Schnellbussen die Bedürfnisse zu befriedigen; schwierig wird es aber beispielsweise mit Fahrrädern: die nimmt der Bus nicht mit.
Zum Gesamtprojekt Breisgau-S-Bahn 2020 gehören weitere, teils schon realisierte Maßnahmen außerhalb der West-Ost-Achse. So wurden in ersten Baustufen in den letzten Jahren die Elztalbahn elektrifiziert, weiterhin die Münstertalbahn und die Verbindung Müllheim – Neuenburg mit der Möglichkeit des grenzüberschreitenden SPNV nach Mulhouse im Elsaß modernisiert. Diskutiert und gefordert vom Verein „TransRhinRail Freiburg-Colmar“ wird im Großraum Freiburg auch, den direkten Bahnverkehr Freiburg – Breisach – Colmar wiederaufzunehmen. Doch dazu fehlen derzeit die im Krieg zerstörten Brücken über den Rhein und den Rheinseiten-Kanal.
Quelle: INFRA Dialog/ Regio Verbund Freiburg