Corona hält die gesamte Gesellschaft in Atem und hat automatisch auch großen Einfluss auf den ÖPNV. Die Fahrgastzahlen sind dramatisch eingebrochen, weil potenzielle Fahrgäste aus Angst vor der Ansteckungsgefahr Bus und Bahn lieber meiden. Was Verkehrsbetriebe in Bezug auf Hygienemaßnahmen unternehmen können, darüber sprach Nahverkehrs-praxis mit Nico Barthel, Vertriebsleiter UV-Anwendungen bei Heraeus Noblelight. Das Unternehmen bietet ein Luftreinigungssystem an, das Viren und Bakterien effektiv bekämpft.
Nahverkehrs-praxis: Herr Barthel, wie zerstört UV-C Licht Viren, und ist das wissenschaftlich belegt?
Barthel: Wissenschaftliche Studien zeigen: Die Luftreinigung mit UV-C ist die weltweit beste und wirkungsvollste Technologie gegen Viren oder Bakterien aller Art. Das ist seit Jahrzehnten wissenschaftlich belegt.
Mit genau 254 Nanometer Wellenlänge wird die Erbinformation des Virus zerstört. Die Vermehrung des Virus ist gestoppt und das Virus ist sofort zerstört.
Das gilt für das Covid19-Virus und auch die Mutationen. Aber auch andere Keime wie Bakterien, multiresistente Erreger oder Pilze werden bei korrekter Bestrahlung abgetötet.
Die Wirkung auf Viren in großen Luftmengen haben wir mit dem Hygieneinstitut Biotec getestet. Die konnten nach Einschalten des UV-Lichts keine Viren mehr nachweisen. Biologisch sind das 99,9999% Reinigungsleistung.
Die Technologie hat sich in anderen Bereichen bereits bewährt: Die UV-C-Strahlung wird im industriellen Bereich bei der Desinfektion etwa von Yoghurtbechern und Babygläschen, Luft und Wasser schon seit Jahren erfolgreich eingesetzt.
Nahverkehrs-praxis: Welche technischen und finanziellen Anforderungen kommen auf Verkehrsbetriebe zu, wenn Entkeimungssysteme mit UV-C Licht nachgerüstet werden sollen?
Barthel: Wichtig ist, dass die Luftreiniger auch dann einsetzbar sind, wenn Fahrgäste befördert werden. Daher darf kein UV-Licht aus den Systemen ausdringen und es muss genügend Luft durch das System fließen, damit wir mindestens auf eine 99% Virenreduzierung kommen.
Der Einbau unserer Systeme ist wirklich einfach. Für Solaris und MAN Lion Busse haben wir individuell angepasste Lösungen für den Einbau in die Lüftungsanlage. Der Einbau dauert nicht mal eine Stunde. Die Systeme können bis zu 4.000 m³/h entkeimen und sorgen somit über die Lüftungsanlage für einen kompletten Luftaustausch in weniger als zwei Minuten.
Für alle anderen Bustypen haben wir ein universell einsetzbares Deckengerät mit integriertem Lüfter. Für kleine Bustypen reicht ein System, für größere Bustypen empfehlen wir den Einsatz von zwei Systemen. Damit kann die Luft ein einem Bus in rund acht Minuten ausgetauscht werden.
Unsere Lampen sind hochqualitative Industrielampen und halten rund 12.000 Stunden. Das reicht fast für die gesamte Lebensdauer eines normalen Stadtbusses im Nahverkehr.
Die Preise reichen von 2.600,- Euro zwei Universalgeräte, und 2800,- Euro für die integrierte Lösung bei Solaris und MAN.
Unsere Systeme sind nach jedem Start sofort einsatzbereit – auch bei Hitze oder Kälte. Der Betrieb läuft einfach über das Bordnetz, ein kontinuierlicher Betrieb ist auch während der Fahrt gewährleistet.
Nahverkehrs-praxis: Verkehrsbetriebe haben oft Busse unterschiedlicher Hersteller in ihrer Flotte. In die Fahrzeuge welcher Hersteller lässt sich Ihr System einbauen, und gibt es da unterschiedliche technische Bedingungen?
Barthel: Das ist kein Problem: Unsere Systeme sind in allen Bustypen und Herstellermarken nachrüstbar. Wir geben den besten Produktmix zwischen integrierten und Universal-Lösungen. Neben integrierten Lösungen in Lüftungsanlagen gibt es bei Heraeus jetzt auch ein lüftungsunabhängiges System zur Luftreinigung in Bussen. Unsere Geräte können in Fahrzeugen aller Marken wie MAN, Mercedes, Solaris oder Scania schnell und günstig eingebaut werden – das ist eine gute Nachricht für alle Menschen, die auch in diesen schwierigen Zeiten mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs sind. Unsere Kompetenz ist so gut, dass wir leicht für einen speziellen Bustypen eine voll integrierte Lösung entwickeln können.
Nahverkehrs-praxis: Kann das System auch außerhalb von Fahrzeugen – z.B. an Bus- und U-Bahnhöfen – verwendet werden, und wie funktioniert der Einsatz dort?
Barthel: Ja, natürlich, wir haben rund zehn Luftreinigungssysteme im Angebot, die in Bussen, Zügen oder U-Bahnen, schon heute eingesetzt werden.
Hierbei muss jeweils die Situation einzeln bewertet werden und demnach das passende Soluva Produkt ausgewählt werden.
Wir haben leistungsstarke computerbasierte Simulationstechniken, mit denen wir die Luftströmungen simulieren können, um zum Beispiel Züge optimal zu desinfizieren.
Neben der Raumluftentkeimung können aber auch Oberflächen effizient mit UV-C Strahlung entkeimt werden. Dafür haben wir das erste batteriebetriebene Profigerät entwickelt und mit der Universitätsklinik Tübingen getestet. Damit ist man mobil und es desinfiziert trocken, chemiefrei und geht wirklich sehr schnell. Viren sind gut zu zerstören. In Tübingen konnten schon bei kurzer Bestrahlung keine Viren mehr nachgewiesen werden. Besonders bei der Reinigung von Sitzen spart man sehr viel Zeit, Desinfektionsmittel und Müll.
UV-Licht zur Desinfektion wird in vielen asiatischen Ländern schon stark genutzt. Durch die Pandemie kommt die Technologie jetzt endlich auch zu uns und wird das Thema Desinfektion vollkommen verändern.