80 Prozent des globalen CO2-Ausstoßes wird in Städten verursacht. Maßgeblich verantwortlich ist dafür neben der Energieerzeugung vor allem der Verkehrssektor. Vor diesem Hintergrund sind Stadtentwicklung und urbane Mobilität neu zu denken. Genau hier setzte das von der Stiftung Mercator geförderte Projekt „Neue Mobilität für die Stadt der Zukunft“ an. Die Wissenschaftler des Instituts für Stadtplanung und Städtebau (ISS) an der Universität Duisburg-Essen haben gemeinsam mit dem Kulturwissenschaftlichen Institut Essen (KWI) und der Transportation Research and Consulting GmbH (TRC) in einer großangelegten Studie untersucht, wie der Verkehr in der Stadt der Zukunft aussehen könnte. Die Ideen und Konzepte reichen von einem Radschnellweg auf der Alfredstraße bis hin zu Fahrspurreduktionen entlang des Cityrings.
Repräsentative Umfrage unter Essener Bürgern
Das Projekt hat sich am Beispiel der Stadt Essen – stellvertretend für die Metropole Ruhr – der Frage gewidmet, wie bisherige und neue Mobilitätsformen nachhaltiger werden können und damit den Einsatz fossiler Kraftstoffe reduzieren. Wie kann die Abstimmung von städtebaulichen und mobilitätsbezogenen Maßnahmen verbessert werden? Dabei wurde nicht nur die planerische Perspektive, sondern auch die der Verkehrsteilnehmer und Bewohner der Stadt mit einbezogen. In einer repräsentativen Untersuchung wurden Menschen mit unterschiedlichem Mobilitätsverhalten befragt, welche zukünftigen alternativen Fortbewegungsmittel für sie vorstellbar sind. Die Mehrheit der Bevölkerung im locker bebauten Essener Süden möchte beispielsweise nicht auf das eigene Auto verzichten, könnte sich aber gut vorstellen, ein Elektroauto zu kaufen. Bewohner der innerstädtischen Bereiche sind auch der Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln und Fahrrädern gegenüber aufgeschlossen.
Neugestaltung von Stadträumen für mehr Lebensqualität
Ein weiterer Schwerpunkt des Projektes war die Erarbeitung von Verkehrssimulationen. Dabei wurde beispielsweise deutlich, dass etwa 13 Prozent der täglichen Wege, die heute noch mit dem Auto zurückgelegt werden, durch eine Kombination von ÖPNV und Fußverkehr zumindest gleich schnell zurückgelegt werden können. Dies bietet nicht nur eine staufreie Mobilität in der Stadt, sondern reduziert zugleich fossile Kraftstoffe bei gleichzeitiger Erhöhung der Lebensqualität in der Stadt. Voraussetzung dafür ist die Umgestaltung von Stadträumen im Hinblick auf den verstärkten Einsatz neuer Mobilitätsformen einerseits sowie der Rückgewinnung von Stadträumen andererseits. Dazu wurden im Rahmen des Projekts Gestaltungsvisionen für vier Stadträume entwickelt – darunter auch für Essen Werden. Hier wurde in der Entwicklung der Gestaltungsvision der grundsätzlichen Bereitschaft der hier lebenden Bewohner Rechnung getragen, auf Elektroautos umzusteigen. Durch die Einrichtung von separaten Fahrspuren für Elektroautos und den ÖPNV in diesem Stadtteil soll diesen Fahrzeugen in Werden verstärkt Vorrang gewährt werden und damit die grundsätzliche Bereitschaft und Attraktivität für die Nutzung von Elektroautos erhöht werden.
Sharing: Nutzen statt besitzen wird zum Leitprinzip
Die Menschen in den Städten werden in Zukunft nicht grundlegend andere Verkehrsmittel nutzen als heute. Es werden sich allerdings die Art und Weise, wie diese genutzt sowie ihre Antriebsformen ändern. Sharing-Angebote für Rad und Auto sowie Elektroantriebe zeigen, wohin der Weg gehen kann. Nutzen statt besitzen wird zum Leitprinzip. Was gilt es also zu beachten, um die Entscheidung zugunsten nachhaltiger Verkehrsmittel so unkompliziert wie möglich zu machen und dadurch ihre Attraktivität zu erhöhen? Sharing-Angebote sollten beispielsweise ideal mit dem öffentlichen Nahverkehr vernetzt und in ein intelligentes Tarifsystem eingebettet sein. Insbesondere die stärkere Nutzung des Car-Sharing-Angebots könnte große Auswirkungen auf die Lebensqualität einer Stadt haben. So wurde im Rahmen des Projektes ermittelt, dass bei kompletter Ausschöpfung des Car-Sharing-Potenzials im Essener Stadtgebiet theoretisch Stellplatzflächen in einer Größenordnung von 27 Fußballfeldern städtebaulich neu genutzt werden könnten – beispielsweise für breitere Gehwege oder Radwege. Des Weiteren müssen die Stadträume für den Nahverkehr verstärkt auf den Fuß- und Radverkehr ausgerichtet werden. Diese Mobilitätsformen sind nicht nur sehr umweltfreundlich und gesundheitsfördernd, sondern sie führen auch zu einer Belebung des öffentlichen Raums. Und dies wiederum führt zu mehr Lebensqualität in der Stadt.
Übertragbarkeit der Ergebnisse
Die Städte innerhalb der Metropole Ruhr – aber auch darüber hinaus ähneln sich oftmals in ihrer historischen und stadtstrukturellen Entwicklung. Die Ergebnisse des Forschungsprojekts können somit auch für andere Städte als Leitlinie im Umgang mit zukünftigen Fragestellungen zur Entwicklung von Stadt und Mobilität dienen.