Um die Energieversorgung zu sichern, sollen Energietransporte vorübergehend Vorrang auf der Schiene haben. Das legte die Bundesregierung am 24.8.2022 in einer Rechtsverordnung fest, die vom Wirtschafts- und vom Verkehrsministerium erarbeitet wurde. Ziel soll es sein, den Betrieb von Kraftwerken, Raffinerien und Stromnetzen sicherzustellen. „Wir wollen uns so schnell wie möglich aus der Klammer der russischen Energieimporte befreien”, sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck. Vorübergehend bedeute das, dass man russisches Gas im Stromsektor auch durch Kraftwerkskohle und Mineralöl ersetzen müsse. Um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, müsse man dafür auch die Lieferwege umstellen. „Das verlangt eine sehr anspruchsvolle Logistik, die es notwendig macht, Energietransporte auf der Schiene zu priorisieren.”
Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) fügte hinzu, dass die Binnenschifffahrt bedingt durch das derzeitige Niedrigwasser nur reduzierte Lasten transportieren könne. Die wichtigen Bahntrassen seien zudem auch ohne zusätzliche Energietransporte teilweise bereits über-, zumindest aber stark ausgelastet. „Wir müssen deshalb überlegt und in sorgfältiger Abwägung Transporte priorisieren”, so Wissing.
Im Zweifel bedeute das, dass eventuell andere Züge warten müssen. Die DB Netz AG soll kurzfristig die Nutzungsbedingungen des Schienennetzes anpassen, um Mineralöl- und Kohletransporte auf der Ebene der Disposition, also bei der betrieblichen Abwicklung der Züge, zu priorisieren. Mit der Rechtsverordnung kann künftig dann auch die Bevorzugung von Mineralöl- und Kohletransporten auf Ebene der Trassenzuweisung priorisiert werden.
Die Rechtsverordnung basiert auf der Grundlage des novellierten Energiesicherungsgesetzes und wird auf sechs Monate befristet. Die Eingriffe in den Schienenverkehr sollen laut Regierung “so gering wie möglich” gehalten werden. Die Priorisierung erfolge deshalb innerhalb eines “klar definierten Energiekorridor-Netzes”. Diesem liegen die Transportbedarfe der Energie- und Mineralölwirtschaft zugrunde. Sollte eine Beschränkung anderer Schienenverkehre nötig sein, soll es ein abgestuftes Priorisierungsverfahren geben, um den betrieblichen Vorrang von Energieträgertransporten und Großtransformatoren zu gewährleisten. Etwaige Entschädigungen richten sich nach dem Energiesicherungsgesetz. Durch die Verordnung könnte es auf der Schiene auch lauter werden: Es könne erforderlich sein, auch solche Güterwagen einzusetzen, “die nicht mehr den geltenden Lärmschutzstandards entsprechen”, hieß es von der Bundesregierung. Die Vorschriften des Schienenlärmschutzgesetzes werden daher in diesem Fall von der Anwendung ausgeschlossen. Regulierungsbehörde für die Maßnahme ist die Bundesnetzagentur. Sie soll überprüfen, ob die Priorisierung rechtmäßig ist. Um eine Verzögerung des Zuweisungsverfahrens und damit der Transporte auszuschließen, geschieht die Prüfung aber erst nachträglich.
Quelle: umwelt-panorama.de