Andere europäische Länder hängen Deutschland bei der Elektrifizierung des Schienennetzes ab. Die Bundesrepublik liegt mit einem Anteil von 61 Prozent am staatlichen Eisenbahnnetz laut einem Vergleich des gemeinnützigen Verkehrsbündnisses Allianz pro Schiene deutlich hinter führenden Nationen wie der Schweiz, Belgien, den Niederlanden oder Schweden zurück. Diese Spitzenreiter erreichen Werte zwischen 75 und 100 Prozent. Deutschland erzielt zudem kaum Fortschritte und kommt langsamer voran als der EU-Durchschnitt. Nach den Berechnungen der Allianz pro Schiene steigerte die Bundesrepublik im Zeitraum von 2009 bis 2019 den Anteil der Gleise mit Stromleitungen um gerade zwei Prozentpunkte. Die EU insgesamt schlug mit einem Plus von vier Prozentpunkten ein doppelt so hohes Tempo an.
„Andere Länder setzten im Schienenverkehr voll auf klimafreundliche E-Mobilität. Deutschland zögert und zaudert“, sagte Dirk Flege, Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, am Montag in Berlin. „Die künftige Bundesregierung muss hier endlich vom Reden zum Handeln kommen. SPD, Grüne und FDP haben in ihrem Sondierungspapier mehr Tempo bei Infrastrukturinvestitionen versprochen. Beim Bau neuer Oberleitungen über Deutschlands Gleisen müssen sie zeigen, dass sie dies ernst nehmen“, so Flege.
Konkret sprach er sich dafür aus, zur weiteren Elektrifizierung des Gleisnetzes das Planungsrecht zu vereinfachen. Der Gesetzgeber müsse klarstellen, dass die Ausstattung von vorhandenen Schienenstrecken mit Stromleitungen kein Neubau sei und daher kein vollständiges Planfeststellungsverfahren erfordere. Zudem müsse die nächste Koalition an dem Ziel der alten Bundesregierung festhalten, den Elektrifizierungsgrad des Bundesschienennetzes bis 2025 auf 70 Prozent zu erhöhen. „Trotz des Schneckentempos in den vergangenen Jahren ist dies mit dem nötigen politischen Willen noch immer möglich“, stellte Flege klar. Für 2030 solle die Koalition zudem ein neues Ziel von 75 Prozent festlegen. Für die verbleibenden Strecken ohne Oberleitungen könne ein Programm zur Förderung von Wasserstoff- und Batteriezügen den Weg zum komplett CO2-freien Schienenverkehr verkürzen.
„Der Abschied vom Diesel ist auf der Schiene leichter, schneller und mit weniger Aufwand zu realisieren als auf der Straße“, betonte Flege. Zudem werde das Schienennetz durch mehr Elektrifizierung leistungsfähiger und flexibler nutzbar. „Wer den Klimaschutz rasch vorantreiben möchte, kommt am konsequenten Ausbau der E-Mobilität auf der Schiene nicht vorbei.“
Quelle: Allianz pro Schiene