Europas Schienennetz ist in den Jahren von 2000 bis 2011 geschrumpft, während zur gleichen Zeit das Autobahnnetz gewachsen ist. Das geht aus kürzlich veröffentlichten Zahlen der EU-Kommission hervor. Den Abbau seiner Bundesschienenwege (minus 8 Prozent) trieb Deutschland weit schneller voran als der EU-Durchschnitt (minus 2 Prozent). Im selben Zeitraum verlängerten Länder wie Italien (plus 5 Prozent), Frankreich (plus 6 Prozent), die Niederlande (plus 8 Prozent) oder Spanien (plus 11 Prozent) ihre Eisenbahnnetze. Anders als bei der Eisenbahn gibt es beim Straßenbau europaweit eine eindeutige Wachstumstendenz: im Durchschnitt verlängerten die Länder in der EU 27 ihr Autobahnnetz (plus 27 Prozent). In Deutschland büßte prozentual die Schiene im selben Umfang an Länge ein, in dem das hiesige Autobahnnetz (plus 9 Prozent) dazu gewann.
„Diese deutsche Netz-Schrumpfung ist trotz aller Sonntagsreden zur Förderung des Schienenverkehrs leider politisch gewollt“, sagte der Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, Dirk Flege, am Mittwoch in Berlin. Während einmal gebaute Straßen nicht wieder zurückgestutzt würden, müsse jede Schienenstrecke für den Betreiber wirtschaftlich tragfähig sein, sagte Flege. Obwohl die reine Netzlänge kein ausschließlicher Indikator für Leistungsfähigkeit sei, zeige der Wachstums-Vergleich zwischen Schiene und Straße, „dass in Deutschland die Entwicklung in die falsche Richtung geht“, sagte der Allianz pro Schiene Geschäftsführer. „Die deutsche Politik setzt viel zu einseitig auf Asphalt.“
Natürlich seien Schienentrassen kein Selbstzweck, natürlich sollten nicht Gleise dort erhalten werden, wo auch in Zukunft keine Nachfrage zu erwarten sei, sagte Flege. „Trotzdem fordern wir von der Politik überzeugende Maßnahmen, um die Kapazität unseres Netzes zu erhöhen.“ Dafür müsse der Bund die Investitionen in das Schienennetz deutlich aufstocken. „Wir brauchen in Deutschland mindestens eineinhalb mal so viel Geld für die Eisenbahninfrastruktur wie bisher, wenn wir mehr Verkehr auf die Schiene holen wollen: Die Investitionen von heute sind der Modal Split von morgen“, sagte Flege.