Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen e. V. (VDV) sieht den von der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag eingebrachten Gesetzentwurf zur erleichterten Entwidmung von Bahnflächen als zu weitreichend an. Der Gesetzentwurf zur Änderung des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (AEG) sieht vor, dass die zuständigen Behörden auf Antrag beispielsweise der Eigentümer, der Kommunen oder des Straßenbaus Bahnflächen von Verkehrszwecken freistellen – also entwidmen – muss, wenn kein Verkehrsbedürfnis mehr besteht und langfristig eine Nutzung der Infrastruktur im Rahmen der Zweckbestimmung nicht mehr zu erwarten ist. Bisher sah der gerade erst neu geregelte § 23 AEG vor, dass die zuständige Behörde zwischen einem überragenden öffentlichen Interesse an der Erhaltung der Fläche für den Eisenbahnverkehr und dem Interesse an einer Zweckentfremdung abwägen muss.
„Wir dürfen Bahnflächen nicht zur Plünderung freigeben. Mit der erneuten Gesetzesänderung wird für den Ausverkauf von Bahnflächen Tür und Tor geöffnet. Die im Gesetzentwurf vorgesehene Prüfung, ob kein Verkehrsbedürfnis mehr bestehe und langfristig eine Nutzung der Infrastruktur nicht zu erwarten sei, verhindert dies nicht, da unklar ist, wie dies bestimmt wird. Die Interessenten einer Zweckentfremdung finden stets Argumente dafür, dass Verkehrsflächen nicht mehr gebraucht würden.“
VDV-Vizepräsident Joachim Berends
Zudem sei laut Branchenverband VDV häufig heute noch nicht absehbar, wie sich der Flächenbedarf entwickelt – der Bedarf an CO2-armen Transporten nimmt zu, die Schiene soll künftig im Personen- und Güterverkehr mehr denn je leisten. „In einer Phase wie jetzt, in der unser Verkehrssystem vor einem umfassenden Umbau steht und noch gar nicht vollständig absehbar ist, welche Flächen noch gebraucht werden, ist ein Moratorium für Entwidmungen sinnvoll, das nur Ausnahmen für bereits begonnene Projekte vorsehe“, so Joachim Berends. „Zumindest muss sichergestellt werden, dass im Rahmen einer Ermessensentscheidung eine Abwägung unter Einbeziehung aller potenzieller Interessenten erfolge, bei den der Vorrang im Zweifel bei der Nutzung für Eisenbahnzwecke und die Darlegungs- und Beweislast beim Antragsteller liegt.“
Insbesondere seit der Bahnreform 1994 seien laut VDV große Bahnareale für Immobilienprojekte oder Straßenbau zweckentfremdet worden und hätten später vielfach den Ausbau des öffentlichen Verkehrs be- oder die Reaktivierung von Eisenbahnstrecken verhindert. „Die Argumentation mit dem öffentlichen Interesse am Wohnungsbau auf Bahnflächen ist häufig nur vorgeschoben, da der Schwerpunkt der Immobilienprojekte, mit denen Eisenbahnflächen überbaut wurden, bei Büro- und Gewerbeflächen lag und die angebotenen Wohnungen vielfach nur von den Kommunen erzwungenes Beiwerk waren“, so Berends.
Quelle: VDV