Der Jahnplatz bildet einen der zentralen innerstädtischen Plätze und einen wichtigen Knotenpunkt im Stadtgefüge von Bielefeld. Durch die vielfältige Nutzung von Fußgängern, Fahrradfahrern und Kraftfahrzeugen entsteht ein komplexer Stadtraum mit unterschiedlichen Ansprüchen und Sicherheitsaspekten. Geplant ist eine Reduzierung der Fahrspuren und eine Neugestaltung von Radwegen, Platzflächen und Haltestellenüberdachung, wodurch die Aufenthaltsqualität gesteigert wird. Im Zuge einer von der Stadt Bielefeld verabschiedeten Mobilitätsstrategie wurde der Platz nach der Leitidee der „klimafreundliche Mobilität“ umgestaltet. Gemäß dem „Kopenhagener Modell“ sollte ein ausgewogener Raum für alle Verkehrsteilnehmer angeboten werden. Für das Lichtkonzept zeichnet der Lichtplaner Sacha Homburg, Envue Homburg Licht, Berlin/Bielefeld verantwortlich.
Herausforderungen für die Lichtplanung
Auf die verschiedenen Ansprüche durch die unterschiedlichen Verkehrsteilnehmer muss das Beleuchtungskonzept abgestimmt werden. Dadurch entstehen differenzierte Beleuchtungsmodelle. Der motorisierte Verkehr braucht eine gleichmäßige und funktionale Beleuchtung. In der Fußgänger-zone mit der Achse Bahnhofstraße und Niederwall/Niedernstrasse kann durch eine atmosphärische und kleinteiligere Beleuchtung die Aufenthaltsqualität gesteigert werden. Mit dem gezielten Einsatz und Unterscheiden von gleichmäßigem und gerichtetem Licht, Lichtpunkthöhen sowie von Beleuchtungsstärken, kann eine ablesbare und lebendige Lichtwirkung herausgearbeitet werden. Diese wirkt sich positiv auf die Orientierung von Passanten aus und stärkt die Eigenständigkeit des Jahnplatzes.
Die Nachtsonnen – ein Spiel mit Licht und Farbe
Im weiteren Entwurfsprozess wurde dann seitens der Lichtplanung intensiv nach Lichtlösungen gesucht, welche das Potenzial haben, den funktionalen Verkehrsarm auch gestalterisch und atmosphärisch-emotional aufzuladen und dabei die stadträumliche Nord-Süd-Achse zwischen Alt- und Neustadt visuell herauszuarbeiten. In den Überlegungen und Designstudien kristallisierte sich eine Sonderleuchte als objekt-hafter/dekorativer Bestandteil eines übergreifenden Lichtkonzeptes heraus. Sie sollte einen hohen Wiedererkennungseffekt haben und damit zur Identität des innerstädtischen Stadtraumes beitragen, sowohl in der Nacht als auch am Tag. So entstand die Projektsonderleuchte Jahnplatz – die „Nachtsonnen“.
Die Nachtsonnen verfügen über eine integrierte, steuerbare LED Beleuchtung, die besondere Ereignisse und temporäre Veranstaltungen in der Stadt atmosphärisch unterstützen kann. Es gab seit 1902 bereits eine historische Seilüberspannung des Platzes, die nun für die Aufhängung der „Nachtsonnen“ geeignet war und aktiviert werden konnte. Mit diesem Konzept gelingt es, die benötigten Lichtströme gezielt über den Platz zu verteilen.
Im Normalbetrieb erzeugen diese Leuchten ein direktes und indirektes Licht mit einer warmweissen Lichtfarbe (3000 Kelvin). Für besondere Veranstaltungen kann der äußere Ring der Leuchte eine individuelle Farbe annehmen und sich dabei zusätzlich verändern. Dabei kann jede einzelne Leuchte separat und individuell angesteuert werden.
Die weitere Entwicklung dieser Sonderleuchte und die Werk- und Montageplanung bzw. konkrete Konstruktion erfolgte im Anschluss an ein Vergabeverfahren nach den gestalterischen und technischen Vorgaben der Lichtplanung und ihrer Auftraggeberin in enger Zusammenarbeit mit der Firma ewoIndividual in Kurtatsch in Südtirol. Vor Start der Kleinstserienproduktion wurde die Gestaltung und Lichtwirkungen in einer 1:1 Prototypenstudie überprüft.
Den kompletten Artikel lesen Sie im Special „Licht und Architektur im ÖPNV“ der Nahverkehrs-praxis 6-2024.