Viele Produkte und Dienstleistungen sind auf die Bedürfnisse und Anforderungen eines durchschnittlichen Mannes angepasst. Das gilt auch für den Mobilitätsbereich. Wissenschaftlerinnen der Institute für Verkehrsforschung sowie für Fahrzeugkonzepte am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) haben in einer Studie festgestellt: Schon bei der Planung und Gestaltung von Verkehrsmitteln und Mobilitätsangeboten werden die unterschiedlichen Bedürfnisse von Frauen und Männern oft nicht ausreichend berücksichtigt. Dieser „Mobility Design Gender-Gap“ zeige sich – so die Autorinnen der Studie – vor allem in den Bereichen Sicherheit, Funktionalität, sanitäre Bedürfnisse und Komfort. Das kann dazu führen, dass Frauen mit bestimmten Verkehrsmitteln weniger zufrieden sind und sie deswegen weniger nutzen.
Frauen fahren häufiger in Bussen und Bahnen als Männer. „Zum einen steht Frauen statistisch gesehen weniger häufig ein Auto zur freien Verfügung. Gleichzeitig sind sie eher offen dafür, nachhaltige Verkehrsmittel zu nutzen“, erläutern die DLR-Forscherinnen. Mit Blick auf diese Faktenlage ist es unvorteilhaft, dass öffentliche Verkehrsmittel die spezifischen Mobilitätsanforderungen genau dieser Zielgruppe häufig nicht ausreichend erfüllen.
Eine wesentliche Mobilitätsanforderung betrifft die Flexibilität. Denn Frauen haben im Durchschnitt deutlich komplexere und kleinteiligere Wege als Männer. Außerdem müssen oft Transportaufgaben erledigt oder sperrige Gegenstände wie zum Beispiel Kinderwägen, Rollstühle, Fahrräder oder Einkäufe mitgeführt und sicher verstaut werden. Haltestangen oder Halteschlaufen sind für viele Frauen zu hoch angebracht, um sich sicher daran festzuhalten. Frauen und Männer haben durch ihre körperlichen Gegebenheiten unterschiedliche ergonomische Anforderungen an Sitze, beispielsweise an die Sitzhöhe oder die Ausführung von Armlehnen. Frauen haben ein anders Temperaturempfinden als Männer. Das führt dazu, dass ihnen die Temperatur in öffentlichen Verkehrsmitteln oft zu niedrig ist.
Bei der Hygiene öffentlicher Verkehrsmittel haben Frauen tendenziell höhere Anforderungen als Männer, vor allem an Sanitäranlagen. In öffentlichen Verkehrsmitteln fühlen sich Frauen unsicherer als Männer – und sie sind es auch. Zudem nehmen sie das soziale Miteinander anders wahr, fühlen sich zum Beispiel durch Menschen mit lautem oder aggressivem Auftreten stärker bedroht. Vor allem nachts nehmen Frauen die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel als unsicherer wahr und legen aus Angst weniger Wege zurück als Männer.
„Um den Mobility Design Gender Gap zu schließen und bessere Lösungen zu gestalten, brauchen wir mehr Forschung zu geschlechtsspezifischen Bedürfnissen, Verhaltensweisen und Präferenzen“, erläutern die DLR-Forscherinnen. Dieses Wissen gelte es dann adressatengerecht zu vermitteln, zum Beispiel in Form von Leitfäden für Industrie, Verwaltung und Politik. Zusätzlich wünschen sich die drei Autorinnen attraktive Karrieremöglichkeiten und mehr Frauen in Entscheidungspositionen auch im Verkehrssektor.
Quelle: DLR