Die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen will zusammen mit den Unternehmen und Verbänden der Branche des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) die bisherige Beschäftigungsoffensive ausweiten und den ÖPNV dadurch leistungsstärker, verlässlicher und vernetzter zu machen.
Durch den akuten Fachkräftemangel verteilt sich die Mehrbelastung täglicher Störungsfälle auf zu wenige Mitarbeiter. Um die angespannte Personalsituation auf der Schiene zu entlasten, investiert das Land Nordrhein-Westfalen jetzt sechs Millionen Euro in eine Beschäftigungsoffensive und setzt damit sein Engagement zur Fachkräftegewinnung für die Branche fort.
Die Zahlen sind alarmierend: Mit bis zu 15 Prozent Krankenständen bei Lokführern sowie Kundenbetreuern hat sich die Zahl krankheitsbedingter Ausfälle im vergangenen Jahr im Vergleich zurzeit vor der Pandemie nahezu verdoppelt. Auch die Fluktuation beim Personal hat sich zum Teil auf sieben bis acht Prozent pro Jahr fast verdoppelt; vor der Pandemie waren rund vier Prozent branchenüblich. Deshalb investiert die Branche jetzt gemeinsam mit der Landesregierung noch mehr in die Beschäftigungsoffensive, um so schnell wie möglich mehr Personal ins System zu bringen.
“Nur in einer gemeinsamen Kraftanstrengung aller beteiligten Akteure gelingt es uns, dem Fachkräftemangel auf der Schiene gezielt entgegenzuwirken”, bekräftigte Joachim Künzel, Programmleiter von Fokus Bahn NRW und Geschäftsführer Nahverkehr Westfalen-Lippe. Künzel verwies auf die bisherigen Erfolge der Brancheninitiative, die sie insbesondere durch gezielte unternehmensübergreifende Personalanwerbemaßnahmen sowie eine intensivierte Zusammenarbeit etwa mit den Arbeitsagenturen in Nordrhein-Westfalen erreicht habe: “Alle seit 2019 eingerichteten Kursplätze zur Qualifizierung von Triebfahrzeugführerinnen und -führern konnten mit geeigneten Bewerberinnen und Bewerbern besetzt werden konnten.” Trotz dieser Erfolge, so Künzel, habe sich der Personalbedarf für die Schiene erheblich verschärft.
Aus einer Branchenbefragung, an der sich über 1.500 Mitarbeitende der Nahverkehrsbahnen in NRW beteiligt haben, geht hervor, dass die zunehmenden Störungen im Netz, beispielsweise die vielen baustellenbedingten Umplanungen, als Hauptbelastungsfaktor für die Arbeit wahrgenommen werden.
“Viele unserer Leute sind am Ende ihrer Kraft. Durch die vielen Störungen und Baustellen im Streckennetz ist kaum noch etwas planbar, auch die eigene Freizeit nicht. Das darf nicht so weitergehen.”
Marcel Winter, Co-Programmleiter von Fokus Bahn und Geschäftsführer von National Express
Neben dem Fachkräftemangel ist der Zustand der Infrastruktur ebenfalls für Verspätungen und Ausfälle verantwortlich. Jährlich beinträchtigen rund 1.000 Baustellen unterschiedlicher Größe den Betriebsablauf. Die Nahverkehrslinien in Nordrhein-Westfalen weisen daher im Durchschnitt derzeit eine Pünktlichkeitsquote von etwa 80 Prozent auf.
“Eines ist aber auch klar: Die Aufgabe, die Schiene fit zu machen für Gegenwart und Zukunft, kann nicht ohne den für das Schienennetz überwiegend verantwortlichen Bund gelingen. Da passiert durch die Bundesregierung in Berlin schon mehr als in der Vergangenheit, aber wir sind noch weit davon entfernt, den Investitionsstau abgebaut, geschweige denn für die Verkehrswende notwendigen Ausbau gemacht zu haben.”
Oliver Krischer, Minister für Umwelt, Naturschutz und Verkehr
Quelle: Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen