Deutliche Fahrgastanstiege und die Einführung des Deutschlandtickets mögen positive Nachrichten sein, aber die Zahlen des DB-Halbjahresberichts sind extrem beunruhigend: Die Verschuldung wird im Jahr 2023 auf neue Rekordwerte steigen; der gesamte Konzern wird noch mehr zum „Sanierungsfall“ (Bundesrechnungshof).
„Die Zahlen machen deutlich: Lange geht es nicht mehr gut mit Deutschlands größtem Staatsunternehmen. Der Druck auf die Politik wächst, zweierlei zu klären. Erstens: Wie viel Geld ist uns die umweltfreundliche Schiene wert? Und zweitens: Wie stellen wir sicher, dass nicht nur noch mehr Geld in dysfunktionalen Strukturen verschwindet? Diese Fragen müssen bis zum Start der ‚InfraGO‘ 2024 mindestens grundsätzlich geklärt werden.“
mofair-Geschäftsführer Matthias Stoffregen
Für die Wettbewerbsbahnen im Personenverkehr sind dabei zwei Forderungen wesentlich:
- Die neue gemeinwohlorientierte Schieneninfrastruktur muss personell und finanziell vollständig vom Rest des Konzerns getrennt werden, um endlich mehr Transparenz zu schaffen.
- Die Nutzer des Netzes, also die Verkehrsunternehmen, müssen in das Aufsichtsgremium der neuen Gesellschaft entsandt werden. „Direkte Kontrolle durch die Nutzer bringt deutlich mehr als ein hochkomplexes Set von Kennzahlen“, so Stoffregen.
Der heute erschienene DB-Halbjahresbericht zeigt unter anderem: Der operative Gewinn bricht um 62 % ein; und selbst die bisherige Cash-Cow DB Netz weist im Halbjahresbericht 240 Mio. Euro Verlust (im Vorjahr noch 496 Mio. Euro Gewinn) aus. Der erst kürzlich veröffentlichte Jahresbericht der Güterverkehrstochter DB Cargo zeigte, dass 2022 nach dem Coronajahr 2020 das zweitschlechteste Jahr seiner Geschichte war: Sagenhafte 858 Mio. Euro Defizit schlugen zu Buche.
Zumindest das schlechte Ergebnis der DB Netz ist erklärbar: Es dürfte im Wesentlichen auf zusätzliche Investitionen in die Infrastruktur zurückzuführen sein, die im Vorfeld der im kommenden Jahr beginnenden Generalsanierungen getätigt werden. Infrastrukturvorstand Berthold Huber hatte zuvor angekündigt, diese zusätzlichen Mittel würden „voll gegen das EBIT“ der DB gehen.
Die DB hat im laufenden Gesetzgebungsprozess zum Bundesschienenwegeausbaugesetz dafür gesorgt, dass ihr eine Klausel in Aussicht gestellt wird, diese Ausgaben wieder „zurückzuholen“ (§ 11b Abs. (5) Satz 2 BSWAG-E). Offenbar sind diese Passagen zwischen BMDV und BMF strittig gewesen und sind es womöglich weiterhin. Ob sie so kommen, ist angesichts knapper werdender Finanzmittel noch ungewiss.
Quelle: mofair