Interview mit Jochen Grau, Leiter Marketing und PR, MCV Deutschland GmbH
Nahverkehrs-praxis: Herr Grau, warum wurde MCV Deutschland im Jahr 2022 gegründet?
Grau: Das war zum einen der Vorlaufzeit geschuldet, MCV war bis dahin ja am deutschen Markt gar nicht präsent. Und unser neues Fahrzeugkonzept war soweit gediehen, dass wir aktiv am Markt ab 2023 agieren wollten.
Nahverkehrs-praxis: Wann ist die Entscheidung getroffen worden, das Unternehmen auch in Deutschland zu etablieren?
Grau: MCV an sich hat ja schon länger weltweit Erfahrung mit Elektrobussen, vor allem in Großbritannien und Irland bei der Umstellung von Diesel und dann Dieselhybridfahrzeuge auf vollelektrische Doppelstock- und Überlandbusse. In Ägypten hat das Unternehmen Hochboden-Elektrofahrzeuge für Alexandria und Kairo entwickelt, die 2022 bei der UN-Klimakonferenz in Sharm El Sheikh zum Einsatz gekommen sind.
Dann stellte sich die Frage, wie das Unternehmen im Bereich Elektromobilität weiter vorgehen will. Es wurde entschieden, die Aktivitäten auf Kontinental-Europa auszuweiten und hier mit einem neuen Produkt einzusteigen. Im Oktober 2022 war der Prototyp des neuen Elektrobusses in seinem Rohbaustadium schon so weit, dass im Februar 2023 eine Pressefahrt durchgeführt werden sollte und wir dann mit dem kompletten Fahrzeug auch an der Messe im Rahmen der VDV-Elektrobuskonferenz in Berlin teilnehmen wollten. Leider hat uns die Lieferkettenthematik einen Strich durch die Rechnung gemacht, sodass der Bus nur ohne Batterie vorgestellt werden konnte. Das wollen wir aber auf der „Busworld“ in Brüssel nachholen. Betont werden muss aber, dass dies Fahrzeug innerhalb von nur anderthalb Jahren entstanden ist.
Nahverkehrs-praxis: Wo werden die MCV-Busse entwickelt und hergestellt?
Grau: Entwickelt wird direkt im Kairoer Headquarter, die Herstellung findet in Salheya statt, einer Kleinstadt außerhalb von Kairo. Die Komponenten kommen von Systemlieferanten.
Nahverkehrs-praxis: Wo verkauft MCV seine Busse?
Grau: Ungefähr 40 Prozent der MCV-Fahrzeuge wird in Ägypten verkauft, und etwa 60 Prozent gehen in den Export. Schwerpunktmärkte sind der Nahe und Mittlere Osten, in Europa ist es Großbritannien und in Verbindung damit Hong Kong und Singapur. Dorthin haben wir regelmäßig Doppelstockfahrzeuge verkauft. In Südafrika hat MCV ein kleines zweites Werk, weil es wegen der Einfuhrbeschränkungen des Landes sinnvoller ist dort zu bauen.
Nahverkehrs-praxis: Wie ist der Verkauf und der Vertrieb von MCV in Deutschland organisiert?
Grau: Wir sind im Moment vier Personen, davon arbeiten zwei im Vertrieb, ich bin für Marketing und Pressearbeit zuständig und die vierte Person für den Service. Ansonsten sind wir im Direktvertrieb ohne Händler tätig. Im Rahmen eines organischen Wachstums wollen wir in den kommenden Jahren die Organisation in Deutschland weiter ausbauen. Unser Ziel ist es bis Ende 2027 14 Mitarbeiter zu haben, damit wir personell alle Kernthemen abdecken können.
Nahverkehrs-praxis: Was ist beim neuen Elektrobus eigene Herstellung, und was ist zugekauft?
Grau: Alle Kernkomponenten, die für Busbetreiber in Europa wichtig sind, haben wir von namhaften europäischen Herstellern zugekauft – also Achsen, Türen, Batterien oder Elektromotor. Damit haben wir keine Probleme im After-Sales-Bereich und können so den Kunden die Scheu nehmen, die befürchten, sich auf ein Risiko einzulassen. Aus Ägypten selbst stammt die komplette Karosserie-Struktur. Mit 70 Prozent Eigenanteil haben wir eine hohe Fertigungstiefe.
Nahverkehrs-praxis: Wie ist das After-Sales-Geschäft organisiert?
Grau: Wir bekommen die Komponenten direkt von den europäischen Lieferanten, das muss also nicht erst nach Ägypten und wieder zurück. Was die ägyptischen Komponenten betrifft, liegen die hier in unserem deutschen Firmensitz bei der Firma STS Schneider Technik und Service GmbH in Bestwig auf Lager, damit wir jederzeit lieferfähig sind. Nicht vorhandene Ersatzteile können natürlich auch relativ schnell aus Ägypten geliefert werden.
Das komplette Interview lesen Sie in der Nahverkehrs-praxis 6-2023.