Nachdem am Freitag (17. März 2023) in der UAG Finanzen im Rahmen einer Marathonsitzung bis 19.30 Uhr eine Einigung in wesentlichen Beihilfefragen geklärt werden konnte, war der Weg vorgestern Nachmittag frei, auch im Koordinierungsrat von Bund und Ländern den lang ersehnten Durchbruch zu erzielen. Die Vertreter der Bundesregierung hatten zwar am Freitag noch einen Prüfvorbehalt eingelegt, vorgestern dann aber in den wesentlichen Punkten zugestimmt. Damit ist der Weg frei für die Einführung des Deutschlandtickets zum 1. Mai 2023. Die wesentlichen Ergebnisse der vorgestrigen Sitzung fasst bdo-Hauptgeschäftsführerin Christiane Leonard zusammen:
1. Rechtsanspruch der Unternehmen
Die Unternehmen haben einen gesicherten Rechtsanspruch auf Ausgleichsleistungen. Solange keine allgemeinen Vorschriften erlassen wurden oder die öff. Dienstleistungsaufträge noch nicht angepasst sind, längstens bis zum 30.09.2023 ergibt sich dieser aufgrund Ziffer 3.3. der Musterrichtlinie direkt gegen den Bund, allerdings ist der Antrag beim Land zu stellen. Sobald eine allgemeine Vorschrift durch Land oder AT erlassen wird, wird Ziffer 3.3. abgelöst und der Anspruch der Unternehmen ergibt sich direkt gegen den AT, oder das Land aufgrund landesgesetzlicher Regelung.
2. Verpflichtung der Aufgabenträger
Die Aufgabenträger sind angehalten, bis allerspätestens zum 30.09.2023 allgemeine Vorschriften zu erlassen oder die öff. Dienstleistungsaufträge anzupassen. Tun Sie dies nicht, erhalten Sie keine Finanzmittel von Bund oder Ländern und nehmen auch nicht an den EAV-Verfahren teil.
3. Einnahmeaufteilung (EAV)
Auch bei der Einnahmeaufteilung haben sich die Länder auf einen gangbaren Weg geeinigt. In drei Stufen soll die Einnahmeaufteilung von der Rettungsschirmsystematik bis 2026 in eine komplett neue bundesweite EAV überführt werden. In der ersten Stufe bis Ende 2023 behalten die Unternehmen ihre Einnahmen zunächst, liefern aber bereits ihre Daten zur Evaluation und Einspeicherung in das zukünftige EAV-System. Für Verkehre in Tourismusregionen gibt es Sonderreglungen. Alle Unternehmen, die das Deutschlandticket anwenden und einführen, sind verpflichtet ihre Daten zu liefern. Es wird ein Monitoring zur Ermittlung von möglichen Verwerfungen bei den Einnahmen durchgeführt, um bei Bedarf gegenzusteuern. In der zweiten Stufe ab 2024 werden die Einnahmen nach Postleitzahlen der Abo-Besitzer zunächst auf die Länder und dann innerhalb der Länder an die Unternehmen verteilt. In einer 3. Stufe soll das System in eine neue bundesweite EAV überführt werden. Ziel ist es, über technische Lösungen (be-in/be-out) die konkrete ÖPNV-Nutzung der Fahrgäste den befördernden Unternehmen zuzuteilen.
4. ARGE zur Durchführung der EAV geplant
Die Länder haben beschlossen, eine ARGE aus bdo, VDV, BSN und DTV mit der Organisation und Durchführung der EAV zu beauftragen. Hier sind die konkreten Planungen zwischen den Beteiligten Organisationen allerdings noch am Anfang. Vermutlich wird eine Gesellschaft zu gründen sein. Der bdo hat Bereitschaft signalisiert, diesen Prozess zu begleiten.
5. Noch keine Einigung bei Semester-Ticket
Bei der Einbeziehung von Semester-Tickets von Studierenden konnte gestern keine Einigung erzielt werden. Der Bund hat dies bislang nicht unterstützt. Die Länder werden das Thema daher morgen auf die TO der VMK nehmen.
6. Länder einigen sich auf Muster-Allgemeine-Vorschrift
In einer UUAG „Allgemeine Vorschrift“ wird parallel ein Muster einer allgemeinen Vorschrift erarbeitet. Diese wurde in Bayern entwickelt, basiert nun auf der Grundlage der Musterrichtlinie und soll möglichst von allen AT oder den Ländern direkt umgesetzt werden. Die im Ursprungstext vorgesehene Regelung zum Höchstgewinn zwischen 3 und 4,5 Prozent wurde gestern rausverhandelt und befindet sich nicht mehr im Text der Muster-Allgemeine-Vorschrift.
7. Fazit
Nachdem die Verhandlungen in den Arbeitsgruppen seit Herbst letztens Jahren sehr schleppend voran gingen, konnte der bdo in den letzten Tagen wesentliche Ergebnisse erzielen. Damit haben ALLE Unternehmen, egal ob eigenwirtschaftlich oder mit öff. Dienstleistungsauftrag unterwegs, einen fairen Anspruch auf Ausgleich. Wir gehen davon aus, dass nun zeitnah flächendeckend Allgemeine Vorschriften durch die Aufgabenträger oder die Länder erlassen werden. Das Saarland ist diesen Weg bereits gegangen. Damit dürfte endlich auch der Streit über die Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit von allgemeinen Vorschriften beendet sein. Allerdings gilt die Musterrichtlinie nur bis zum Ende 2023, so dass die Verhandlungen über eine Nachschusspflicht, Tarifvorgaben usw. bereits in einigen wenigen Monaten wieder starten dürfte. Sobald uns die endgültigen Fassungen von Musterrichtlinie, EAV- Papier und Muster-AV vorliegen, werden wir diese weiterleiten.
Quelle: Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmen e. V.