Ab dem 1. Mai 2023 soll das 49-Euro-Ticket in digitaler Form – über das Smartphone oder als Chipkarte – in einem monatlich kündbaren Abonnement erhältlich sein. Zahlen des Bayerischen Forschungsinstituts für Digitale Transformation (bidt) zeigen, dass Teile der Bevölkerung aufgrund von mangelnden digitalen Kompetenzen vor großen Hürden bei Erwerb und Nutzung des Tickets stehen könnten.
Hält das 49-Euro-Ticket Schritt mit den digitalen Kompetenzen der Bevölkerung oder fährt es einigen Bevölkerungsgruppen davon? Das bidt, ein Institut der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, hat dies im Rahmen des „bidt-SZ-Digitalbarometers“ – einer bundesweiten Erhebung zu den digitalen Kompetenzen innerhalb der Bevölkerung – genauer untersucht. Ein Ergebnis: Rund 15 Prozent der Personen in Deutschland nutzen kein Smartphone. Dies betrifft insbesondere ältere und einkommensschwächere Personen. Darüber hinaus können bei einem reinen Onlineabonnement auch nicht vorhandene digitale Kompetenzen für die Nutzung von Onlineservices zum Problem werden. Rund 16 Prozent der Personen in Deutschland geben an, gar nicht oder nur mithilfe anderer Personen online für gekaufte Waren oder Dienstleistungen bezahlen zu können. Erneut sind davon in erster Linie ältere und einkommensschwächere Menschen betroffen. In der Altersgruppe ab 65 Jahren sind es somit knapp sieben Millionen Personen in Deutschland, die sich selbst nicht zutrauen, online zu bezahlen.
„Den Ausbau der Digitalisierung mit dem 49-Euro-Ticket voranzutreiben, ist sehr begrüßenswert. Allerdings muss man bei diesem Projekt die real existierenden digitalen Kompetenzen innerhalb der Bevölkerung im Auge behalten und Lösungen anbieten, die vor allem ältere und einkommensschwächere Teile der Bevölkerung nicht ausschließen“, sagt Dr. Roland A. Stürz, Leiter des Think Tank des bidt. Neben der Ticketform – ob als Chipkarte oder über die Smartphone-App – komme daher der Ausgestaltung des Vertriebswegs eine entscheidende Rolle zu. „Digitale Chipkarten mit QR-Code können daher Ergänzungen zum Ticket in der Smartphone-App sein. Diese müssen dann aber auch für Personen ohne digitale Kompetenzen zugänglich sein. Es macht für diese einen Unterschied, ob sie das Ticket selbstständig zum Beispiel am Serviceschalter erwerben können, oder ob sie von den Onlineangeboten ausgeschlossen sind oder hier fremde Hilfe benötigen“, so Roland A. Stürz weiter.
Ein digitales Ticket allein bewirke daher noch keinen Digitalisierungsschub. Am Beispiel des 49-Euro-Tickets zeige sich vielmehr, dass in Deutschland nicht nur bei der Digitalisierung des öffentlichen Personennahverkehrs, sondern auch bei der Nutzung digitaler Lösungen durch die Bevölkerung noch Luft nach oben sei. Weder die Anbieterseite noch die Verbraucherseite seien auf ein rein digitales Ticket im digitalen Abonnement vollumfänglich vorbereitet. Stürz hebt aber auch die Potenziale hervor: „Im Idealfall können durch die Einführung des 49-Euro-Tickets sowohl Verkehrsströme in Zukunft besser erfasst als auch Anreize geschaffen werden, die Nutzung digitaler Dienste in der Bevölkerung weiter zu verbreiten. Aber erst wenn dafür einerseits auch die technische Infrastruktur bei den Verkehrsverbünden vorhanden ist und andererseits die digitalen Kompetenzen der Bevölkerung ein Niveau erreicht haben, dass alle Bürgerinnen und Bürger ein digitales Onlineticket ohne fremde Hilfe erwerben können, ist ein Teilerfolg der digitalen Transformation erzielt.“
Quelle: Bayerisches Forschungsinstitut für Digitale Transformation (bidt)