Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) hat heute in Berlin die ÖPNV-Bilanz des Jahres 2022 präsentiert: Die anhaltende Corona-Pandemie, die Energiekrise und die stark steigende Inflation haben die Fahrgastahlen deutlich nach unten gedrückt. Durch das 9-Euro-Ticket, das im letzten Jahr bundesweit für drei Monate galt, konnten allerdings zahlreiche Fahrgäste zurück und neu hinzu gewonnen werden. Die Branche blickt daher positiv auf das kommende Deutschland-Ticket.
Aktuell liegen die ÖPNV-Fahrgastzahlen im bundesweiten Durchschnitt bei etwa 90 % der Nachfrage, die es im bisherigen Rekordjahr 2019 gab. Damals zählten die Verkehrsunternehmen und Verbünde etwa 10,4 Milliarden Fahrten, im Jahr 2022 waren es laut Prognose rund 9,3 Milliarden.
Die abschließende Marktforschung zum 9-Euro-Ticket, die nach dem Aktionszeitraum zwischen September und November bundesweite repräsentativ durchgeführt wurde, liefert dabei für die Branche einige interessante Ergebnisse hinsichtlich der Planungen für das kommende bundesweit gültige Deutschland-Ticket:
- 12 % der Bundesbürger geben an, dass sie die 9-Euro-Ticket-Aktion veranlasst hat, den ÖPNV auch danach häufiger zu nutzen.
- Fast 30 % der durch das 9-Euro-Ticket gewonnenen Neukunden, die den ÖPNV zuvor nicht genutzt haben, sind zwischen September und November weiterhin mit uns gefahren. Dies entspricht etwa 1,8 Millionen Fahrgästen.
- Nochmal etwa 1,6 Millionen Fahrgäste gaben an, dass sie nach der Aktion häufiger ÖPNV nutzen als vorher (vorher „seltener als zweimal im Jahr“, jetzt „mindestens einen Tag im Monat“).
Allerdings hat die Befragung nach dem 9-Euro-Ticket auch gezeigt, dass die Häufigkeit von Autofahrten bei den Befragten wieder auf dem alten Niveau liegt.
Bis zur Einführung des Deutschland-Tickets gibt es noch zahlreiche Prozesse, die sowohl politisch als auch von den Verkehrsunternehmen und Verbünden umgesetzt werden müssen. In einer ersten Abschätzung prognostiziert der VDV rund 5,6 Millionen Neueinsteiger, die im Rahmen des Deutschland-Tickets erstmals ein ÖPNV-Abo abschließen könnten. Zudem geht der Verband von etwa 11,3 Millionen „Umsteigern“ aus, also Fahrgästen, die aus einem anderen Abo in das neue Angebot wechseln werden.
Zu guter Letzt weißt der VDV im Zuge der Debatten ums Deutschland-Ticket darauf hin, dass allein mit einem günstigen bundesweiten Nahverkehrsticket die Klimaschutzziele im Verkehrssektor bis 2030 nicht zu erreichen sind. Daneben muss es, wie bereits im Koalitionsvertrag der Bundesregierung vereinbart, eine Ausbau- und Modernisierungsoffensive für die ÖPNV-Systeme geben. Dazu zählen neben deutlicher Kapazitätsausweitung auch neue Straßenbahn- und U-Bahn-Projekte sowie die Sanierung, Instandsetzung und der barrierefreie Ausbau der vorhandenen Infrastrukturen. „Wir haben ja bereits vor drei Jahren die entsprechenden Zahlen dazu gutachterlich ermitteln lassen: Allein im Jahr 2030 fehlen dem ÖPNV elf Milliarden Euro für Investitionen ins System. Durch die Energiekrise und die steigende Inflation ist dieser Bedarf inzwischen eher noch gestiegen“, so Wortmann abschließend.
Quelle: VDV