Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) weist im Vorfeld der Ministerpräsidentenkonferenz (20. und 21. Oktober) auf die immer noch ungelösten Finanzierungsfragen im ÖPNV hin: „Wir brauchen von den Länderchefs und der Bundesregierung jetzt endlich eine tragbare Lösung für die Gesamtfinanzierung unserer Branche. Allein durch die Verständigung auf ein bundesweites Ticket lässt sich der ÖPNV nicht dauerhaft finanzieren. Wir sehen bereits erste kostenbedingte Einschränkungen beim Bus- und Bahnangebot, bald wird es flächendeckende Abbestellungen geben. Es wäre vollkommen absurd, wenn ein bundesweites Klimaticket eingeführt würde und gleichzeitig muss der Umfang an ÖPNV-Leistungen erheblich zurückgefahren werden, weil niemand den Kostenentwicklungen Rechnung trägt“, so VDV-Hauptgeschäftsführer Oliver Wolff heute in Berlin.
Die Branche macht noch einmal deutlich, welche Finanzierungsfragen auf der Verkehrsministerkonferenz letzte Woche vom Bund erneut nicht beantwortet wurden:
- Erhöhung der Regionalisierungsmittel gemäß der Zusage des Bundes im Koalitionsvertrag: 1,5 Mrd. Euro mehr pro Jahr ab 2022 zur Finanzierung und Ausweitung des Leistungsangebots
- Kompensation der erheblichen Mehrkosten im Bereich Energie (Strom, Diesel): 1,65 Mrd. Euro jährlich für die Jahre 2022 und 2023
- Vertriebs- und Umstellungskosten sowie Anlaufverluste bei der Einführung eines bundesweiten Klimatickets: 1,1 Mrd. Euro (zusätzlich zu den 3 Mrd. Euro reiner Einnahmeverluste durch das Ticket)
„Aus unternehmerischer Sicht kann man ein bundesweites Klimaticket nur und ausschließlich dann umsetzen, wenn ein Weg gefunden wird ÖPNV-Leistungen auch zukünftig in vollem Umfang erbringen zu können. Das muss über zusätzliche Steuermittel finanziert werden. Denn mit 49 Euro im Monat für ein solches Ticket nimmt man einer gesamten Branche so gut wie jegliche Möglichkeit, über Fahrgeldeinnahmen die Refinanzierung der Dienstleistung ÖPNV zu realisieren“, so Wolff weiter.
Der VDV kritisiert, dass der Bund zwar ausgiebig über die Umsetzung eines deutschlandweiten Klimatickets diskutiere, aber zugleich die übrigen längst bekannten und zum Teil (wie bei den Regionalisierungsmitteln) schon vereinbarten Finanzierungsnotwendigkeiten weiterhin blockiere. „Es muss allen beteiligten Akteuren klar sein, was hier gerade passiert: Man konzentriert sich gern auf das bei der Bevölkerung populäre Klimaticket, kümmert sich aber nicht darum, dass der ÖPNV künftig dazu in der Lage wäre, deutlich mehr Fahrgäste zu befördern. Obwohl eine Verdopplung der Verkehrsleistung bei Bus und Bahn integraler Bestandteil der vom Bund vereinbarten Klimaschutzziele bis 2030 ist“, erklärt Wolff.
Der Branchenverband VDV macht zudem deutlich, dass er das von den Verkehrsministern beschlossene bundesweite Klimaticket Deutschland nicht nur für ein zeitlich befristetes Angebot hält. „Machen wir uns nichts vor: Ein solches Ticketangebot wird nicht nach zwei Jahren wieder eingestellt, dafür sind der Aufwand und auch der Effekt zu groß. Auch wenn es nach zwei Jahren – wie von den Verkehrsministern beschlossen – eine Evaluierung geben soll, wird mit dieser neuen Tarifstruktur ein Paradigmenwechsel im ÖPNV eingeführt, der langfristig wirkt. Von daher ist es umso entscheidender, dass die Gesamtfinanzierung der Branche jetzt ebenfalls langfristig und nachhaltig geregelt wird“, so Wolff abschließend.
Quelle: Verband Deutscher Verkehrsunternehmen e. V. (VDV)