Die bundesweite Marktforschung des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) und der Deutschen Bahn AG im Auftrag von Bund und Ländern zum 9-Euro-Ticket bestätigt nach Ablauf des ersten Monats des Aktionszeitraumes erste Trendaussagen und lässt nun zahlengestützte und repräsentative Rückschlüsse zur Nutzung, Verkehrsverlagerung und auch -induzierung zu.
“Nachfrage, Bekanntheit und Attraktivität des 9-Euro-Tickets sind ungebrochen hoch, wir verzeichnen überall vollere Busse und Bahnen. Sehr erfreulich ist auch, dass ein Fünftel der Käuferinnen und Käufer angibt, dass es den ÖPNV zuvor normalerweise nicht genutzt hat. Dabei wären sechs Prozent der Fahrten ohne das 9-Euro-Ticket mit einem anderen Verkehrsmittel außerhalb des ÖPNV unternommen worden, davon gut die Hälfte mit dem Auto“, so VDV-Hauptgeschäftsführer Oliver Wolff. „Gut jede vierte aller Fahrten mit dem 9-Euro-Ticket, einschließlich der Fahrten der Abo-Kundinnen und -kunden, wäre ohne das Ticket von vornherein gar nicht unternommen worden. Diese deutliche Erhöhung der Nachfrage ist mit Blick auf den Klimaschutz und die Belastungen des Systems kritisch zu hinterfragen. Und es gilt weiterhin, dass eingedenk der steigenden Preise zum Beispiel für Kraftstoffe, Energie und Personal die Situation für immer mehr Unternehmen schwieriger wird. Wir brauchen daher immer drängender Lösungen zur Kompensation dieses Anstiegs, sonst drohen deutliche Tarifsteigerungen oder gar, dass erste ÖPNV-Linienangebote eingeschränkt werden müssen. Hier ist die Politik gefordert, kurzfristig zu entscheiden, wie sich das Angebot für die Menschen nach dem 9-Euro-Ticket gestalten soll.“
31 Prozent der Käuferinnen und Käufer des 9-Euro-Tickets und 21 Prozent der Abonnentinnen und Abonnenten geben an, dass ihre Fahrten zumindest teilweise außerhalb des eigenen Verbundraums beziehungsweise Gültigkeitsbereichs erfolgt sind. „Die Branche hat weitgehend ihren gesamten Fuhrpark einschließlich der Reserven auf die Schiene und die Straße gebracht, damit die Nutzerinnen und Nutzer möglichst viel Kapazitäten vorfinden. Darum freuen wir uns über die hohe Zufriedenheitswerte bei den Angaben zur letzten Fahrt“, so Wolff. 88 Prozent der Befragten sind mit der letzten Fahrt zufrieden, jeder und jede fünfte ist sogar vollkommen zufrieden.
Für 69 Prozent der Befragten ist das Ticket in seinen Bedingungen einfach verständlich. Für etwa zwei Drittel ist es eine gute Möglichkeit, den ÖPNV auszuprobieren. Beispiellos sind die Werte für die Bekanntheit des Angebotes: Mit fast 98 Prozent kennt fast jeder Befragte das 9-Euro-Ticket, zwei Drittel kennt es sogar gut. 27 Prozent geben an, ein Ticket für Juni gekauft zu haben, 21 Prozent der Befragten berichten, ein bestehendes Abo als 9-Euro-Ticket zu nutzen. Damit lag in der letzten Juniwoche der Anteil an Ticket-Besitzern unter den Befragten bei 48 Prozent. VDV-Hauptgeschäftsführer Oliver Wolff: „Hochgerechnet auf die Bevölkerung ergeben sich aus der Befragung somit mindestens 30 Millionen Personen, die im Monat Juni ein 9-Euro-Ticket – einschließlich der Abos – besessen haben. Dieser gemeinsame Erfolg aus Politik und Branche erhöht jedoch auch den Druck mit Blick auf die Zeit danach – sowohl, was die Preise, vor allem aber was die Leistungskosten angeht.“ Die Kaufabsicht für Juli bleibt auf ähnlichem Niveau.
Am häufigsten wurde das 9-Euro-Ticket mit 27 Prozent am Ticketautomaten sowie in Apps (25 Prozent) und Websites (24 Prozent) der Verbünde bzw. der Verkehrsunternehmen erworben. „Das 9-Euro-Ticket ist nach Aussage der Befragten mehrheitlich ein digitales Ticket“, so VDV-Hauptgeschäftsführer Oliver Wolff. Top-Kaufgrund ist der Preis (70 Prozent). Weitere Gründe sind für mehr als ein Drittel der Befragten der Verzicht auf Autofahrten (39 Prozent), die flexible Nutzung am Wohnort (38 Prozent) sowie die deutschlandweite Gültigkeit. Die Hauptgründe gegen den Kauf des 9-Euro-Tickets sind fehlende Nutzungsanlässe (37 Prozent), umständliche Verbindungen (35 Prozent) und die Vorliebe für das Auto (35 Prozent). „Die Marktforschung zeigt einerseits auf, dass es die Branche geschafft hat, Ticket und Mobilitätsangebote in kürzester Frist im Rahmen der Möglichkeiten auf den Weg zu bringen. Doch die Freude darüber darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass Bund und Länder zusammen mit der Branche in Kürze drängende Fragen beantworten müssen, auch mit Blick auf den Klimaschutz und die Abhängigkeit von Energie-Importen“, so Wolff abschließend.
Quelle: Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV)