Seit Montag diskutieren Fachleute aus der Verkehrsbranche auf dem 14. Deutschen Nahverkehrstag in Koblenz über aktuelle und Zukunfts-Themen des öffentlichen Personenverkehrs: Finanzierung, Ausbau, automatisiertes/autonomes Fahren, Digitalisierung, Personalgewinnung, gesetzliche Vorgaben, 9-Euro-Ticket, On-Demand-Verkehr u.v.m. Parallel dazu stellen in einer begleitenden Ausstellung Firmen ihre aktuellen Produkte vor.
Eines der inhaltlichen Highlights des Veranstaltungsprogramms stellte am 2. Tag die Podiumsdiskussion mit der rheinland-pfälzischen Umweltschutzministerin Katrin Eder dar, auf der kontroverse Ansichten zu den Themen „Verkehrswende und Klimaschutz“, „zu wenig Elektrobusausschreibungen in Deutschland“, „Brauchen wir ein Sondervermögen Verkehr?“, „Ausschreibungsverfahren“, „ÖPNV-System attraktiver machen“, „Wie dem Fahrermangel begegnen“, „Staat oder privat“ und „Fahrgastwünsche sollten im Mittelpunkt stehen“ aufeinander stießen und lebhaft diskutiert wurden.
Die Veranstaltung endet heute (15. Juni 2022), die Nahverkehrs-praxis wird in ihrer Juli/August-Ausgabe darüber berichten. Wir bedanken uns auch für alle Gespräche vor Ort!
Rede von Klimaschutzministerin Katrin Eder im Anschluss an die Podiumsdiskussion:
„In vielen Regionen werden weniger als zehn Prozent aller Wegstrecken mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt – das muss sich ändern. Im Verkehr ist es das wichtigste Ziel, die Zahl der Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren deutlich zu reduzieren. Das gelingt zum einen, wenn mehr Menschen mehr Kilometer als bisher statt mit dem PKW mit anderen Verkehrsmitteln zurücklegen. Und zum anderen, wenn der ÖPNV selbst auf umweltfreundliche Antriebstechnologien setzt“, sagte Klimaschutzministerin Katrin Eder anlässlich des 14. Deutschen Nahverkehrstags in Koblenz, den sie heute unter dem Motto „Das Klima retten! Der ÖPNV als Schlüsselfaktor?“ eröffnete. Dabei legte Eder eine Reihe von Zielen vor und gab an, wo Rheinland-Pfalz steht.
So gehe es in puncto Elektrifizierung auf der Schiene voran: „Mit dem Ziel, bis 2030 75 Prozent des Schienennetzes zu elektrifizieren, hat die Bundesregierung sich eine wichtige Marke gesetzt. In Rheinland-Pfalz, wo nur rund 42 Prozent des Netzes elektrifiziert ist – im Gegensatz zu ca. 60 Prozent bundesweit –, können wir also auf mehr Unterstützung hoffen. Mit der Elektrifizierung der durch die Flutkatastrophe geschädigten Eifel- und Ahrtalstrecke wollen wir die nächsten Großprojekte hierzu anstoßen“, so Eder.
Die Verkehrswende und damit die verstärkte Nutzung des ÖPNVs könne allerdings nur mit einem entsprechend attraktiven Angebot gelingen. Die Basis dafür stellt der Landesnahverkehrsplan dar, der bis Ende 2023 beschlussreif vorliegen soll: Dieser soll auf Basis des neuen Nahverkehrsgesetzes von 2021 ein effizientes und ganzheitliches Nahverkehrssystem entwickeln und Mindeststandards für die öffentlichen Verkehrsangebote setzen. Gleichzeitig wird der Rheinland-Pfalz-Takt mit der Zielmarke 2030/35 fortentwickelt und damit die Taktung durch eine verbesserte Verknüpfung mit anderen Verkehrsmitteln und der Nutzung digitaler Daten verbessert.
„Um die Menschen flexibel, klimafreundlich und mit guten Anbindungen an die Bahnhöfe zu bringen, wollen wir die vernetzte Mobilität stärken, indem wir landesweit Umsteigepunkte entwickeln, an denen ÖPNV, Radverleihsysteme, (E-)Carsharing, Bike&Ride und Park&Ride gebündelt werden“, so die Klimaschutzministerin.
Eder freut sich, dass das Thema Digitalisierung auf dem Deutschen Nahverkehrstag breit diskutiert wird: Komplizierte Tarife seien kein Problem mehr, wenn der Kunde von der Komplexität gar nichts mitbekommt, weil im Hintergrund ein Computer für ihn den attraktivsten Tarif findet. Dieser könne auch dabei helfen, die bestehende Infrastruktur optimal zu nutzen, und so ohne Neubauten mehr Verkehr auf Gleise und Straßen bringen.
„Das 9-Euro-Ticket ist ein tolles Angebot. Neben attraktiven Preisen müssen wir jedoch alles daransetzen, das Leistungsangebot so gut wie möglich auszubauen und attraktiv zu halten, damit die Menschen den ÖPNV auch weiterhin nutzen. Nur so können wir unsere Klimaschutzziele erreichen“, so Eder.
Auch die Barrierefreiheit trage dazu bei, dass mehr Menschen einen unkomplizierten Zugang zur Mobilität mit Bus und Bahn erhielten. „Das Land Rheinland-Pfalz hat mit der DB Station&Service im vergangenen Jahr eine Rahmenvereinbarung zur Modernisierung von Bahnhöfen und Bahnhaltepunkten geschlossen. Bis 2031 soll mehr als eine halbe Milliarde Euro investiert werden, um über 130 Bahnstationen umzubauen. Dieses Geld sorgt auch dafür, dass endlich Barrierefreiheit hergestellt wird“, betonte Eder.
„Wegen dieser zahlreichen Projekte ist es so wichtig, dass die Mittel zuverlässig und planbar über einen längeren Zeitraum hinweg fließen. Deswegen ist die Erhöhung der Regionalisierungsmittel von Seiten des Bundes so nötig. Denn aus meiner Sicht ist klar, dass im ÖPNV das Herzstück der Mobilitätswende liegt“, so Eder.
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