Die Studie OpinionTRAIN untersucht in einer Sonderwelle speziell die Nutzung des 9-Euro-Tickets zum Start der Gültigkeitsperiode im Juni. Befragt wurden am 7./8. Juni (eine Woche nach Start der Aktion) ca. 3.200 Verbraucher in Deutschland zur Kenntnis, Kaufabsicht und konkreten Nutzung der 9-Euro-Monatskarte. Neben dem hohen Bekanntheitsgrad des Angebotes von etwa 97 % berichten bereits 29 % der Befragten, dass sie ein 9-Euro-Ticket besitzen (n=886). Etwa 10 % haben schon Tickets für Juli und August gekauft. Ein erheblicher Anteil von 26 % hält den Ticketkauf in der nächsten Zeit für möglich, 38 % halten ihn für unwahrscheinlich.
Die Besitzer des 9-Euro-Tickets setzen sich erwartungsgemäß tendenziell aus ÖPNV-affinen Verbrauchern zusammen. Dies ist bereits dadurch bedingt, dass Personen, die bisher über ein ÖPNV-Abonnement verfügen, automatisch zu 9-Euro-Ticket-Kunden werden. Wie die Befragung belegt, handelt es sich bei etwa einem Viertel der Besitzer des 9-Euro-Tickets um Personen, die den ÖPNV vor Juni 2022 gar nicht oder nur sporadisch genutzt haben. Aber nicht nur in diesem Teilsegment ist eine verstärkte Nutzung des ÖPNV im Verbundgebiet bzw. der Bahn im überregionalen Nahverkehr möglich. So geben 66 % der Ticketbesitzer an, das 9 Euro-Ticket sei ein Grund, den ÖPNV häufiger als zuvor zu nutzen, 89 % halten das 9-Euro-Ticket für einfach und unkompliziert zu erwerben.
Neun von zehn Besitzern haben das Ticket während der ersten 7 Geltungstage bereits genutzt. Auch wenn medial die Erfahrungen von Kunden im Vordergrund stehen, die das 9-Euro-Ticket für längere Fahrten am Pfingstwochenende genutzt haben, ist ein eindeutiger Schwerpunkt erkennbar, wenn die Befragten über ihre letzte Nutzung berichten: Etwa zwei Drittel der Fälle betreffen dabei Fahrten am Wohnort, 30 % gehen über die Grenzen des Wohnorts hinaus, bleiben aber unter 100 km Reisedistanz. Weniger als 10 % entfallen auf Reisen von mehr als 100 km Entfernung.
In Hinblick auf die berichtete Fahrt wurden die Nutzer danach gefragt, wie die Verkehrsmittelwahl ohne das 9-Euro-Ticket ausgesehen hätte. 47 % der Fahrten wären auch sonst mit Bussen und Bahnen unternommen worden (aber mit einem anderen Fahrschein), bei 44 % hat eine Verlagerung von anderen Verkehrsmitteln stattgefunden – wobei mehr als die Hälfte davon auf den Pkw entfällt. Weniger als 10 % der Fahrten sind induzierter Neuverkehr, d.h. die Fahrten wären ohne das 9-Euro-Ticket überhaupt nicht zustande gekommen. Effekte hinsichtlich einer Nachfrageverlagerung zugunsten von Bussen und Bahnen sind vergleichsweise geringer ausgeprägt bei den eher kürzeren Fahrten am Wohnort und stärker bei den längeren Strecken zu beobachten, die mehr als 100 km über den Wohnort hinausreichen.
Die Befragungsergebnisse unterstreichen, dass die Erfahrungen von Kunden mit dem 9-Euro-Ticket, insbesondere beim Aspekt Verfügbarkeit von Sitzplätzen, vergleichsweise kritisch sind. Dies wird wiederum getrieben durch die Nutzung des Tickets auf längeren Strecken, auf die viele Medienberichte abgezielt haben. So zeigt sich jeder zweite Kunde auf Fahrten von mehr als 100 km Streckenlänge unzufrieden mit der verfügbaren Sitzplatzkapazität. Allerdings trifft dies nur ein Teilsegment der Nutzungen. Insgesamt sind rückblickend weniger als 10 % der Kunden weniger zufrieden oder unzufrieden mit der letzten Fahrt mit dem Ticket. Dem stehen mehr als 60 % der Nutzer entgegen, die sich als vollkommen oder sehr zufrieden einordnen. Unter Einbeziehung des extrem niedrigen Preises von 0,3 EUR pro Tag geben 48 % der Ticketbesitzer an, bei Fahrten mit dem 9-Euro-Ticket auch volle Busse, Bahnen und Bahnhöfe gern in Kauf zu nehmen. Dies zeigt, dass zumindest ein Teil der Kundschaft Komfortverluste im Zusammenhang mit der Ticketnutzung in Kauf nimmt. 55 % der Ticketbesitzer würden nach eigenem Bekunden das Ticket auch nutzen, wenn der Preis höher als 9 EUR wäre (Ablehnung 17 %). Dies zeigt, dass die von der Politik bezweckte Entlastung der Verbraucher zumindest in der Wahrnehmung vieler Nutzer angekommen ist. Auch nachhaltig positive Imageeffekte für den Nahverkehr zeichnen sich ab.
Quelle: Rogator AG