Interview mit Frank Gäfgen, seit 2019 Geschäftsführer Bereich Mobilität der Stadtwerke Münster, über die Erfahrungen mit Elektro- und Wasserstoffbussen in der Stadt
Nahverkehrs-praxis: Herr Gäfgen, wie sehen Ihre Planungen für die Elektrifizierung von Münsters Busflotte aus?
Gäfgen: Wir haben als Konzern Stadtwerke Münster das Motto „Wir machen Münster grün“ entwickelt. Teil dieses Konzeptes ist neben Stromerzeugung und Wärmenetzen auch die Mobilität, und das bedeutet den Ausbau der Elektromobilität im ÖPNV mit Elektrobussen. Münster hat schon früh, 2015, damit begonnen. Zu der Zeit wurden Busse mit ca. 50 km Reichweite angeboten. Dafür war der Bau von Ladestationen im Liniennetz zwingend notwendig. Seitdem wird in Münster der Ansatz konsequent weiterverfolgt, die Ladeinfrastruktur an den Endhaltestellen in den Außenstadtteilen auszubauen. Es hat sich gezeigt, dass die Verknüpfung von Depotladung mit Opportunity Charging den kompletten Linienbetrieb aufrechterhalten kann.
Bisher sind sechs Ladepunkte mit 350 KW Leistung auf der Strecke im Einsatz, an denen die Elektrobusse bei Bedarf geladen werden können. Im Depot haben wir aktuell 40 Lader und werden dieses Jahr noch einmal 36 weitere errichten. Damit ist dann nicht nur die Planung für Ladestationen im Depot abgeschlossen, sondern der gesamte Betriebshof ist fertig erschlossen. Wir haben dort zwei redundante Mittelspannungsstationen mit 6 Megawatt aufgebaut, und das ist für unseren Bedarf ausreichend. Weil wir auf der Strecke laden, kommen wir gar nicht in die Verlegenheit, dass die Busse zwischendurch auf das Betriebsgelände kommen müssen, um nachgeladen zu werden. Mit einer durchdachten Ladestrategie und Ladesäulen, die über das Stadtgebiet verteilt sind, ist es nicht notwendig Busse groß im Depot zu laden. So verteilt sich die Energiebelastung über das ganze Netz der Stadt. Selbst die Fahrzeuge, die spät in der Nacht auf das Betriebsgelände kommen, müssen nicht vollgeladen werden für den Einsatz am kommenden Tag, wenn sie Streckenlader zur Verfügung haben. Das bedeutet faktisch, dass wir keine klassische Depotladung haben.
Dafür müssen aber mehrere Voraussetzungen gegeben sein. Zum einen benötigt man die passenden finanziellen Mittel, weil Laden auf der Strecke teurer ist als im Depot. Diese großzügige Förderung – etwa 90 % der Gesamtkosten – haben wir hier in Nordrhein-Westfalen. Zum anderen ist der Netzbetreiber, die Stadtnetze Münster, als Tochtergesellschaft unseres Konzerns in der Lage, uns alle nötige Unterstützung, z. B. was Anschlussfragen betrifft, zu liefern. Das kann innerhalb des Konzerns sehr schnell geklärt werden. Und die Stadt Münster hat erkannt, dass es ein sehr gutes und funktionierendes System ist. Demzufolge werden die Standorte, die wir für die Schnelllader ausgewählt haben, auch von der Stadt bereitgestellt.
Nahverkehrs-praxis: Die Leistung der Batterien wird immer größer. Müssen Sie zum Beispiel auf kürzeren Linien überhaupt noch zwischendurch laden?
Gäfgen: Auf kurzen Strecken müssen wir zukünftig bei Batteriekapazitäten von 500 bis 600 Kilowattstunden nicht mehr zwingend zwischenladen. Das bedeutet, wir können die Fahrzeuge noch flexibler einsetzen, beispielsweise bei Umleitungen. Und wir können unser Lademanagement entsprechend anpassen. Wenn wir Fahrzeuge mit einer großen Batterie haben, mit der Möglichkeit sie auf der Strecke nachzuladen, ist es nicht nur netzdienlich, sondern womöglich auch betriebswirtschaftlich günstiger auf der Strecke zwischenzuladen, bevor die Busse in den Betriebshof gehen. Denn wenn die Fahrzeuge abends im Depot geladen werden, wenn gleichzeitig viele Menschen von der Arbeit nach Hause kommen, Herd, Waschmaschine und Fernseher einschalten, dann ist der Strom besonders teuer. Zudem wird auch nicht für jeden Elektrobus ein einzelner Lader im Depot benötigt. Wir werden deshalb nur für Zweidrittel unserer Busflotte Ladestationen bauen. So funktioniert das E-Bussystem als Gesamtkonzept in Münster. Natürlich muss jede Stadt für sich überprüfen, welches Konzept für sie am besten passt.
Nahverkehrs-praxis: Gibt es noch die speziellen Winterprobleme, die zu Beginn des Elektrobuseinsatzes so große Probleme bezüglich der Batteriekapazität brachten?
Gäfgen: Die Busse gehen im Winter zwar warm vom Betriebshof, aber der Energieverbrauch ist in dieser Jahreszeit natürlich höher. Man muss dann planen, welche Fahrzeuge mit welchen Reichweiten wo eingesetzt werden müssen, um an den Endhaltestellen zwischenladen zu können. Das ist aber vor allem bei den älteren Fahrzeugen ein Thema, bei den neuen ist das nicht so entscheidend. Unsere Gelenkbusse haben auch bei Temperaturen bis -5 Grad 200 bis 250 km Reichweite. Im Winter ist dann eher wichtig, dass bei Eis und Schnee die Endhaltestellen geräumt sind, damit die Fahrzeuge die Ladetechnik erreichen können.
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