Die Deutschen produzieren beim Autofahren und beim Heizen ihrer Wohnungen zu viele Klimagase. Der Expertenrat für Klimafragen hat die vom Umweltbundesamt für 2021 ermittelten Emissionsdaten bestätigt. Demnach haben zwar der Energiesektor, die Industrie und die Landwirtschaft wie gesetzlich vorgeschrieben weniger Kohlendioxid verursacht. Dafür aber verfehlten der Gebäude- und der Verkehrssektor – trotz Coronapandemie und weniger Pkw-Verkehr – die Klimaziele.
Das Klimaschutzgesetz sieht Vorgaben und einen Mechanismus vor: Jedes Jahr legt das Umweltbundesamt die Emissionsdaten vor, die der Expertenrat überprüft. Bestätigt sich, dass einzelne Sektoren ihre Ziele verfehlt haben, müssen die zuständigen Ressortminister reagieren: Binnen drei Monaten müssen sie Maßnahmen vorlegen, mit denen sie zu viel emittiertes CO2 umgehend einsparen wollen. Ein solches schnell wirkendes Instrument wäre aus Sicht der Grünen ein Tempolimit, was erneut für reichlich Streit in der Koalition sorgt.
Durch den Bericht des Expertenrats muss Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) reagieren. Der Verkehrssektor, vor allem der Gütertransport, hat 2021 drei Millionen Tonnen CO2 zu viel emittiert. „Unsere Analyse gibt Hinweise darauf, dass ohne die Sondereffekte die Emissionen im Verkehr 2021 eher noch höher ausgefallen wären“, erläuterte Hans-Martin Henning, Vorsitzender des Expertenrats. Ohne Corona wäre die Klimalücke demnach deutlich größer gewesen.
Die Emissionen im Verkehr müssen bis 2030 um 65 Prozent sinken. Allein in diesem Jahr soll sich die Klimabilanz neben den drei Millionen Tonnen aus 2021 um weitere sechs Millionen Tonnen verbessern. Fraglich ist, wie ernst die Koalition die jahresgenauen Vorgaben noch nimmt. Sogar der Expertenrat mahnt eine Reform des Gesetzes an und kritisiert, dass es „zu mechanistisch“ sei, im Zweifel Jahr für Jahr ein Sofortprogramm auf den Weg bringen zu müssen.
Allerdings wird der Verkehrssektor seine Ziele bis 2030 um eine viertel Milliarde Tonnen CO2 verfehlen, wie die Bundesregierung selbst prognostiziert. Bislang hat Minister Wissing nicht verraten, wie er die Lücke kurzfristig oder zumindest langfristig schließen will. Im Ministerium kursiert bislang allein ein Papier mit möglichen Anreizen und Fördermaßnahmen, die allerdings weit mehr als 100 Milliarden Euro kosten würden und allesamt allein nicht ausreichen, um die Klimaziele zu erreichen.
Quelle: Handelsblatt