Abellio, eine der führenden Wettbewerbsbahnen in Deutschland, hat die Einleitung eines Schutzschirmverfahrens beantragt. Das Amtsgericht Berlin Charlottenburg folgte heute diesem Antrag und ermöglicht somit die Sanierung des aufgrund struktureller Probleme im Schienenpersonennahverkehr (SPNV) unter wirtschaftlichen Druck geratenen Unternehmens.
Das Schutzschirmverfahren gibt Abellio Deutschland die Möglichkeit, die aufgrund externer Kostensteigerungen notwendig gewordenen Restrukturierungsmaßnahmen eigenverantwortlich anzugehen. Wie andere Eisenbahnverkehrsunternehmen auch, leidet Abellio unter massiven Kostenentwicklungen, die nicht ausreichend von den einzelnen Verkehrsverträgen gedeckt sind. Als eines der größten EVU in Deutschland bekommt Abellio die Auswirkungen der extern verursachten Kostensteigerungen besonders deutlich zu spüren.
Es handelt sich dabei um Kosten für höhere Personalbedarfe als Ergebnis neuer Tarifvereinbarungen sowie gestiegene Rekrutierungs- und Ausbildungskosten angesichts zusätzlichen Bedarfs an Zugpersonal. Hinzukommen erhebliche Baustellenfolgekosten durch umfangreiche Investitionen in das Schienennetz (z.B. zusätzliche Schienenersatzverkehre und Strafzahlungen aufgrund nicht erzielter Pünktlichkeitswerte bzw. Zugausfälle) sowie geltende Pönaleregelungen. Diese Mehrkosten waren weder bei Angebotsabgabe noch bei Unterzeichnung der einzelnen Verkehrsverträge vorhersehbar – für keine der Vertragsparteien.
Eine dauerhafte Kompensation der Defizite in den langjährig laufenden Verkehrsverträgen durch den Abellio-Mutterkonzern ist nicht tragbar. Um verlässliche Mechanismen zur Kompensation der unvorhersehbaren Kostenfaktoren zu fixieren, hat Abellio frühzeitig Gespräche mit den regionalen Aufgabenträgern aufgenommen. Nach mehr als anderthalb Jahren intensiver, vertrauensvoll geführter Gespräche muss nun konstatiert werden, dass eine Einigung – auch aufgrund vertrags-, vergabe-, beihilfe- und haushaltsrechtlicher Hürden – nicht erzielt werden konnte.
Parallel zu den Gesprächen mit den Aufgabenträgern hat Abellio auch interne Maßnahmen zur Effizienzsteigerung ergriffen. Diese können allerdings die externen Kostensteigerungen allein nicht austarieren.
Die rund 3.100 Beschäftigten von Abellio in Deutschland wurden heute über die Einleitung von Schutzschirmverfahren für die jeweiligen Gesellschaften unterrichtet. „Die laufenden Löhne und Gehälter sind gesichert und werden in den kommenden drei Monaten von der Bundesagentur für Arbeit übernommen. Danach wird Abellio diese wieder selbst zahlen“, unterstrich CEO Michiel Noy.
In dem Schutzschirmverfahren wird Abellio von erfahrenen Sanierungs- und Restrukturierungs-Experten der Kanzlei Flöther & Wissing unterstützt. Innerhalb der kommenden Wochen wird das Restrukturierungsteam in Abstimmung mit dem vorläufigen Gläubigerausschuss einen Plan erarbeiten, wie das Unternehmen zukunftsfähig aufgestellt werden kann. Rund ein dreiviertel Jahr soll die Phase der Neuausrichtung dauern.
Quelle: Abellio