Zeitreise: Die Ticketrevolution der 1960er Jahre

Es war vermutlich eine der großen Zäsuren in den frühen 1960er Jahre und im Jahrgang 1964 der Dauerbrenner in der Berichterstattung der Nahverkehrs-praxis. Die Einführung des Einmannbetriebes in den Bussen und Bahnen des Nahverkehrs. Immer mehr Verkehrsunternehmen stellten damit die Weichen dafür, dass keine Schaffner mehr an Bord der Fahrzeuge benötigt wurden und dass die Fahrgäste die Fahrscheine nun selbst kaufen konnten (oder mussten). Oder um es in der etwas technokratisch anmutenden Sprache der 1964er auszudrücken: „Die Selbstbedienung hat sich bei zahlreichen Dienstleistungsbetrieben (Kaufhäusern, Geschäften, Restaurants usw.) seit mehreren Jahren ausgezeichnet bewährt. Es lag daher nahe, auch bei den Verkehrsbetrieben, die bekanntlich mit zu den größten Dienstleistungsbetrieben zählen, die Selbstbedienung des Kunden, d.h. die Automatisierung der Fahrgastabfertigung einzuführen.“ Der besondere Clou war, dass die Fahrgäste jetzt sogar „Fahrtausweise in Vorverkaufsstellen“ erwerben konnten, oder aber direkt beim Fahrer. Dazu wurden die Fahrzeuge, wie beispielsweise bei den Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen (Bogestra) mit einem „Zahltisch am Fahrerplatz ausgerüstet und als Einmannwagen gefahren.“ Durch diese Neuerung im Ticketverkauf war es den Verkehrsbetrieben möglich zukünftig auf Schaffner zu verzichten.
Die Umstellung erfolgte im Übrigen nicht nur aus Gründen der Kostenersparnis. Notwendig wurde die Reduzierung des Personals vor allem aufgrund der Vollbeschäftigung der 1950er und auch noch 1960er Jahre. Die Verkehrsbetriebe fanden schlicht und ergreifend immer weniger Schaffner, die die Rolle des Fahrkartenkontrolleurs und -verkäufers übernehmen konnten. In diesem Zusammenhang wurden dann auch die ersten automatischen Fahrscheinentwerter eingeführt. Ein Automat in denen die Fahrgäste ihre – damals noch „Geradeaus-Sammelkarten“ genannten – Fahrscheine entwerten konnte. Ein Gerät das auch heute noch Standard ist, doch schon jetzt immer mehr vom eTicketing abgelöst wird. Es zeigt sich: die Branche ist im Wandel. Heute, damals und vermutlich auch morgen noch.
Der Rückblick erfolgt in unserer neuen Rubrik Zeitreise. Denn in vier Wochen ist es endlich so weit. Pünktlich zum diesjährigen VDV-Jahreskongress erscheint die Jubiläumsausgabe unserer Zeitschrift – 65 Jahre Nahverkehrs-praxis. In den kommenden Wochen werden wir nun einen kleinen Countdown starten und jede Woche eine kleine Anekdote aus der Geschichte unserer Zeitung präsentieren.

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