Gestern trafen sich in Brüssel auf einer eigens anberaumten Sondersitzung der International Road Transport Union (IRU) Vertreter vieler europäischer Busverbände. Hauptthema war der Alleingang Österreichs zur EU-Entsenderichtlinie: Das seit 1. Januar 2017 geltende Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz sorgt in der Busbranche für großen Aufruhr angesichts der Fülle von bürokratischer Auflagen, die absolut unpraktikabel sind. Nicht nur, dass dieses Gesetz ohne Vorankündigung und damit ohne jede Vorbereitungsmöglichkeit mitten in der Skisaison, also der Hauptreisezeit, in Kraft getreten ist und die Fahrer im Fahrzeug Unterlagen über die Meldung der Entsendung, die Anmeldung zur Sozialversicherung, die Entlohnung und den Arbeitsvertrag mitführen müssen – es muss auch bei Unterwegskontrollen nachgewiesen werden, dass der Lohn für die Beschäftigung in Österreich tatsächlich ausbezahlt worden ist.
„Hier geht es nicht mehr um die Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Busfahrern – dieses Gesetz zielt auf die Abschottung des österreichischen Marktes ab“, sagte Christiane Leonard, Vizepräsidentin der IRU-Bussparte.
Deutschland hat mit dem vor zwei Jahren in Kraft getretenen Mindestlohngesetz (MiLoG) den Anfang der nationalen Alleingänge gemacht und obwohl die EU-Kommission unverzüglich ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet hat, sind Frankreich, Italien und nun Österreich diesem Beispiel gefolgt.
„Wenn dies nicht der Anfang vom Ende des funktionierenden europäischen Binnenmarktes sein soll, muss die EU-Kommission schnell handeln“, so Leonard weiter. „Wir brauchen eine EU-einheitliche Lösung, die die spezifischen Gegebenheiten der Bustouristik berücksichtigt.“
Große Hoffnung setzt die Branche auf die von EU-Verkehrskommissarin Bulc für Ende Mai angekündigten sog. Road Initiatives. Bis dahin sind die EU-Mitgliedstaaten gefordert, keine nationalen Alleingänge zu unternehmen bzw. bereits in Kraft getretene nationale Regelungen auszusetzen. „Anderenfalls steht die europäische Busbranche vor dem Kollaps“, so Leonard.
„Die europäischen Busverbände werden sich in einer konzertierten Aktion an die EU-Kommission und das EU-Parlament wenden, um auf eine rasche Klärung dieser unhaltbaren Situation zu drängen.“