Die Europäische Kommission hat festgestellt, dass MAN, Volvo/Renault, Daimler, Iveco und DAF gegen die EU-Kartellvorschriften verstoßen haben. Die LKW-Hersteller hatten über 14 Jahre hinweg Verkaufspreise für Lastkraftwagen abgesprochen und die mit der Einhaltung der strengeren Emissionsvorschriften verbundenen Kosten in abgestimmter Form weitergegeben. Wegen dieser Verstöße verhängte die Kommission eine Rekordgeldbuße in Höhe von 2 926 499 000 EUR.
MAN wurde die Geldbuße erlassen, weil das Unternehmen als Kronzeuge die Kommission von dem Kartell in Kenntnis gesetzt hatte. Alle Unternehmen räumten ihre Kartellbeteiligung ein und stimmten einem Vergleich zu.
Zur Erläuterung des Kommissionsbeschlusses führte Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager aus: „Wir haben mit der Verhängung von Rekordgeldbußen wegen eines schweren Kartellverstoßes ein Ausrufezeichen gesetzt. Insgesamt sind über 30 Millionen Lkw auf Europas Straßen unterwegs, die rund drei Viertel des Warenverkehrs auf dem Lande in Europa abwickeln und daher von großer wirtschaftlicher Bedeutung für Europa sind. Daher kann nicht hingenommen werden, dass MAN, Volvo/Renault, Daimler, Iveco und DAF, die zusammen etwa neun von zehn der in Europa produzierten mittelschweren und schweren LKW stellen, untereinander ein Kartell bilden, anstatt miteinander zu konkurrieren. 14 Jahre lang haben sie Preise und die Weitergabe der Kosten für die Einhaltung von Umweltnormen an die Kunden abgesprochen. Unsere Botschaft ist klar: Kartelle haben in Europa keinen Platz.“
Von dem Beschluss betroffen sind insbesondere die Märkte für die Herstellung mittelschwerer (Nutzlast zwischen 6 und 16 Tonnen) und schwerer Lastkraftwagen (Nutzlast über 16 Tonnen). Wie die Untersuchung der Kommission ergab, hatten MAN, Volvo/Renault, Daimler, Iveco und DAF ein Kartell gebildet, dem in Einzelnen Folgendes zur Last gelegt wird:
- Koordinierung der Bruttolistenpreise für mittelschwere und schwere Lastkraftwagen im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR). Unter dem Bruttolistenpreis ist der Herstellerpreis ab Werk zu verstehen. Diese Bruttolistenpreise dienen als Grundlage für die Preisbildung in der Lkw-Industrie. Für den Endpreis, den der Käufer schließlich für einen Lkw zahlt, werden diese Bruttolistenpreise an nationale und lokale Gegebenheiten angepasst.
- Absprache des Zeitplans für die Einführung von Emissionssenkungstechnologien für mittlere und schwere Lastkraftwagen in Reaktion auf die zunehmend strengeren europäischen Emissionsnormen (von Euro III bis zur derzeit gültigen Euro VI-Emissionsklasse).
- Weitergabe der Kosten für die Emissionssenkungstechnologien, deren Einführung zur Einhaltung der zunehmend strengeren europäischen Emissionsnormen (von Euro III bis zur derzeit gültigen Euro VI-Emissionsklasse) erforderlich war, an die Kunden.
Das 1997 gegründete Kartell erstreckte sich auf den gesamten EWR und hielt 14 Jahre, bis die Kommission 2011 unangekündigte Nachprüfungen in den Geschäftsräumen der Unternehmen vornahm. Zwischen 1997 und 2004 verliefen die Absprachen unter den Mitgliedern der höchsten Führungsebene, wobei die Zusammenkünfte gelegentlich am Rande von Handelsmessen oder anderen Branchenveranstaltungen stattfanden. Hinzu kamen telefonische Kontakte. Ab 2004 wurde das Kartell über die deutschen Tochtergesellschaften der Lkw-Hersteller organisiert, und der Informationaaustausch vollzog sich generell auf elektronischem Wege.
Vor dem Beschluss war den Lkw-Herstellern im November 2014 eine Mitteilung der Beschwerdepunkte zugegangen. Im Zuge dieser Kartelluntersuchung wurde auch ein Verfahren gegen Scania eingeleitet. Da Scania nicht von diesem Vergleichsbeschluss erfasst wird, wird das Verfahren für dieses Unternehmen als reguläres Kartellverfahren (ohne Vergleich) weitergeführt.
Geldbußen
Bei der Festsetzung der Geldbußen trug die Kommission dem Umsatz der beteiligten Unternehmen mit mittelschweren und schweren Lastkraftwagen im EWR, der Schwere des Verstoßes, dem hohen Marktanteil der beteiligten Unternehmen, der geografischen Reichweite des Kartells sowie seiner Dauer Rechnung.
Im Einklang mit ihrer Mitteilung über Vergleichsverfahren von 2008 minderte die Kommission die Geldbußen aller Kartellmitglieder um 10 %, da die Unternehmen ihre Beteiligung am Kartell einräumten und die Verantwortung dafür übernahmen.