Die Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG), die den Regional- und S-Bahn-Verkehr in Bayern plant, finanziert und kontrolliert, und DB Regio Bayern haben gestern den dritten bayernweiten Verkehrsdurchführungsvertrag (VDV) unterzeichnet. Im Auftrag des Freistaats wird DB Regio im ersten Jahr 29,3 Millionen Zugkilometer fahren – etwa ein Viertel der heutigen Leistungen im bayerischen Nahverkehr. Ein Drittel davon sind elektrische Leistungen, zwei Drittel dieselbetriebene Leistungen, davon wiederum etwa die Hälfte Neigetechnikverkehre.
Der erste bayernweite VDV war 1996 mit der DB abgeschlossen worden, als der Freistaat die Verantwortung für den Schienenpersonennahverkehr vom Bund übernahm. Der zweite VDV endet nach einer Laufzeit von zehn Jahren am 31. Dezember 2013. Der neue, nunmehr dritte Vertrag tritt 2014 in Kraft, läuft 2023 aus und beinhaltet alle bisher nicht im Wettbewerb gefahrenen Netze. Ausgenommen sind die im zweiten VDV noch länger enthaltenen S-Bahnen in München und Nürnberg (bis Ende 2017) sowie das Netz der Südostbayernbahn (SOB, bis Ende 2016).
Wegen der Knappheit der für den Regionalverkehr zur Verfügung stehenden Finanzmittel bleibt das Angebot weitgehend beim Status quo. Die Fahrpläne ändern sich zum Fahrplanwechsel im Dezember 2013 allenfalls im Minutenbereich. „Mit dem neuen Vertrag gelingt es uns, das erreichte Niveau zu halten. In einigen Bereichen wird es Verbesserungen geben. Neufahrzeuge und optimierte Fahrpläne werden wir aber erst im Rahmen der einzelnen Wettbewerbsprojekte umsetzen können – die Finanzierbarkeit vorausgesetzt“, betont Fritz Czeschka, Geschäftsführer der BEG.
Alle Leistungen bis 2023 im Wettbewerb vergeben
Schon der 2003 abgeschlossene zweite VDV mit seinen anfangs rund 90 Millionen Zugkilometern pro Jahr ermöglichte es dem Freistaat, während der Laufzeit zahlreiche Netze aus dem Gesamtpaket herauszulösen und im Wettbewerb zu vergeben. „Prämisse des zweiten VDV war seinerzeit, etwa ein Drittel der Leistungen in den Wettbewerb zu geben. Diese Vorgabe haben wir weit übertroffen“, so Czeschka. 2014 wird von insgesamt 121 Millionen Zugkilometern pro Jahr schon die Hälfte (rund 59 Millionen Zugkilometer) im Wettbewerb gefahren werden. Die Zahlen verdeutlichen, dass die BEG bei einer ihrer Hauptaufgaben – der Organisation von Wettbewerb im bayerischen Regionalverkehr – in den vergangenen zehn Jahren sehr erfolgreich gewesen ist. „Bis Ende 2023 werden wir die gesamten bayerischen Regional- und S-Bahn-Leistungen mindestens einmal komplett ausgeschrieben haben“, betont Czeschka. „Daher ist der dritte VDV auch der letzte bayernweite Vertrag mit DB Regio.“
Verbessertes Qualitätsmanagement
Die Anforderungen an die Qualität liegen im dritten VDV leicht über dem heutigen Niveau, da einzelne Standards aus heutigen Wettbewerbsprojekten auch im neuen bayernweiten Vertrag angewendet werden. „Die in den letzten Jahren über Pönalemittel kofinanzierten Qualitätsprojekte haben wir jetzt im Vertrag festgeschrieben“, erklärt Czeschka. Dazu gehören u. a. die verbesserte Kundeninformation im Störungsfall durch eigens für diesen Zweck eingesetzte Mitarbeiter direkt in der Transportleitung, eine optimierte Baustellenkommunikation und der Einsatz von technischen Zugbegleitern, die auftretende Probleme bei der Energieversorgung, Klimaanlagen, Beleuchtung, WCs und Anzeigen noch während der Zugfahrt beheben.
„Die Kapazitäten werden teilweise ausgeweitet, um für stark besetzte Züge zusätzliche Plätze bereitzustellen“, zählt Czeschka weitere Verbesserungen auf. „Geringere Platzkapazitäten als vertraglich vereinbart werden jetzt ausnahmslos mit Strafzahlungen belegt. Und in allen Teilnetzen haben wir die Zugbegleitquoten auf dem Status quo festgeschrieben und werden künftig Abweichungen ebenfalls pönalisieren.“ Neue Konzepte für die Leitstelle und das Störfallmanagement sollen für eine effektivere Disposition sorgen, sodass im Problemfall schneller reagiert werden kann. Zudem werden alle Netze in das bayernweit einheitliche Qualitätsmesssystem der BEG integriert. Während bisher im Qualitätsranking der BEG nur die im Wettbewerb ausgeschriebenen Netze gelistet waren, werden künftig alle Netze im Regionalverkehr nach einem einheitlichen Prinzip getestet und kontrolliert. Bei guten Leistungen erhalten die Unternehmen einen Bonus, bei schlechten Leistungen müssen sie Strafe zahlen. „Dadurch steigt der Anreiz, den Fahrgästen eine hohe Qualität zu bieten“, so Czeschka.
Vorgaben zum Fahrzeugeinsatz ermöglichen Flexibilität
Im Rahmen von Wettbewerbsprojekten fordert die BEG meist Neufahrzeuge. Die jüngeren Fahrzeuge der dadurch freigesetzten Flotten sollen im dritten VDV die bis zu vierzig Jahre alten DB-Regio-Wagenzüge ersetzen. Neufahrzeuge werden erst im Rahmen künftiger Ausschreibungen vorgeschrieben. Auch werden nur solche Fahrzeuge mit Fahrgastinformationssystemen nachgerüstet, die noch für einen längeren Einsatz vorgesehen sind. „Aufgrund der knappen Finanzmittel haben wir bei der Vertragsgestaltung hinsichtlich der eingesetzten Fahrzeuge vor allem Flexibilität groß geschrieben“, sagt Czeschka.
Ablauf des Verfahrens
Zum Abschluss des bayernweiten Verkehrsdurchführungsvertrages hatte die BEG im europäischen Amtsblatt im Januar 2009 ein Interessensbekundungsverfahren über die nicht im Wettbewerb vergebenen Netze veröffentlicht. Alle Unternehmen konnten so Interesse an der Übernahme der Dienstleistungen signalisieren. Nur DB Regio hat eine Interessensbekundung abgegeben. Czeschka: „Das können wir nachvollziehen, denn bis heute hat kein anderes Verkehrsunternehmen die nötigen Ressourcen, von einem Tag auf den anderen eine solch umfangreiche Verkehrsleistung zu erbringen.“
Mit dem jetzt erzielten Vertragsergebnis wird zum einen ein qualitativ hochwertiger Regionalverkehr für die kommenden zehn Jahre sichergestellt, zum anderen kann die BEG ihre bewährte und konsequente Wettbewerbspolitik durch die sukzessive Ausschreibung aller Teilnetze fortsetzen.
Die Bayerische Eisenbahngesellschaft mbH (BEG)
Die Bayerische Eisenbahngesellschaft ist ein Unternehmen des Freistaats Bayern. Im Auftrag des Staatsministeriums für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie plant, kontrolliert und finanziert die BEG den Regional- uns S-Bahn-Verkehr in Bayern. Zu den wesentlichen Aufgaben der BEG gehört dabei die Konzeption und Verbesserung von Fahrplänen sowie die Qualitätssicherung. Die Aufträge für Verkehrsleistungen werden in Wettbewerbsverfahren vergeben. Den Auftrag erhält das Verkehrsunternehmen, welches das beste Angebot im Hinblick auf Qualität und Preis abgibt. Dadurch konnte die BEG in den letzten Jahren nicht nur das Fahrplanangebot, sondern auch Qualitätsmerkmale wie Pünktlichkeit, Komfort und Fahrgastinformation ständig verbessern. Große Erfolge waren unter anderem die Einführung des Bayern-Takts – ein Stundentakt für fast ganz Bayern – sowie des Bayern-Tickets.