Vor 100 Tagen startete das lang erwartete Deutschlandticket. Um zu prüfen, wie das neue Angebot umgesetzt und angenommen wird, hat der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) Verbraucher aufgerufen, ihre Erfahrungen zu schildern. Bei den bisher mehr als 350 Rückmeldungen offenbarten sich dabei eine Reihe von Problemen. Zudem wurde die Ausgestaltung als digitales Ticket mit Abo-Zwang kritisiert. Der vzbv fordert, dass der Bestell- und Kündigungsprozess vereinfacht und das Ticket grundsätzlich stärker an Verbraucherbedürfnissen ausgerichtet wird.
Von Mai bis Juli erreichten den vzbv über 350 Rückmeldungen zum Verbraucheraufruf. Beim Großteil der eingegangenen Meldungen (76 Prozent) wurde das Deutschlandticket erstmalig bestellt. Probleme mit dem Deutschlandticket sind unterschiedlich: Mitunter brach der Bestellprozess einfach ab und nach wiederholtem Buchungsversuch wurden am Ende ungewollt mehrere Deutschlandtickets gekauft. In anderen Fällen ist das bestellte Online-Ticket nicht in der entsprechenden App aufgetaucht.
Gut ein Fünftel (22 Prozent) der bisher eingegangenen Verbrauchermeldungen beziehen sich auf Fälle, bei denen ein bestehendes Nahverkehrs-Abo auf das Deutschlandticket umgestellt wurde. Doch auch der Umstellungsprozess verlief nicht immer reibungslos: Chipkarten kamen nicht rechtzeitig an oder die neuen Deutschlandtickets waren bei Fahrkartenkontrollen nicht lesbar.
Ein weiteres Problem: Nicht alle Verbraucher können ein Deutschlandticket erwerben. In einem Fall wurde einer Person aufgrund einer früheren Privatinsolvenz der Kauf des Tickets verwehrt. Grund war der schlechte SCHUFA-Score. Weil das Ticket nur im Abo erhältlich ist, verlangen einige Anbieter vorab einen Bonitätscheck. Ebenfalls vom Kauf ausgeschlossen wurde eine Person, die kein Bankkonto hatte. Eine Person mit Wohnsitz im Ausland berichtet, dass ohne deutsche Wohnanschrift oder deutsches Konto der Erwerb bei mehreren Anbietern nicht möglich war.
In mehr als der Hälfte der eingegangenen Erfahrungsberichte (54 Prozent) hatten Kunden bereits versucht, das Deutschlandticket wieder zu kündigen. Auch hier wurde mehrfach von Problemen berichtet: So sind Kündigungsbuttons nicht aufzufinden oder funktionieren nicht. In einem Fall wurde gemeldet, dass für die Kündigung eine separate Registrierung durchgeführt werden muss. Zudem beklagen die Nutzer, dass Anbieter bei Problemen nicht oder nur sehr schwer erreichbar seien. Anrufe bei Kundenhotlines gingen ins Leere und auf E-Mails werde nicht geantwortet.
Wiederholt äußerten Verbraucher in ihren Erfahrungsberichten Kritik an den starren Fristen für Bestellung und Kündigung. Stattdessen würden sich Kunden beispielsweise ein Ticket wünschen, das nach Kauf einmalig 30 Tage gültig ist. Kritisiert wird auch, dass bei einigen Anbietern ausschließlich Smartphone- beziehungsweise Online-Tickets erworben werden können.
Für die Auswertung griff der vzbv auf Rückmeldungen aus einem Verbraucheraufruf zu den Erfahrungen mit dem Deutschlandticket zurück. Die Rückmeldungen erfolgten über ein Online-Formular auf der Webseite der Verbraucherzentralen. Hier gab es zwischen dem 18. Mai 2023 und dem 18. Juli 2023 insgesamt 357 Meldungen von Verbrauchern. Die im Text zitierten Prozentwerte stellen ausschließlich die Verteilung der eingegangenen Meldungen dar. Rückschlüsse auf die Häufigkeit in der Gesamtbevölkerung sind daraus nicht ableitbar.
Quelle: Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.